Jeder lernt anders! Ja, aber …
Ich höre manchmal ein wenig die Aussage, dass ja jeder anders lernt. Allerdings würde ich mich doch mal dagegen stellen und sagen “Lernen tun wir alle gleich!”
Wie verbessert man sich?
Meine Gedanken kreisen hier um zwei Punkte. Aber der Reihe nach: Zunächst möchte ich argumentieren, dass niemand ohne praktische Anwendung eine Fähigkeit verbessern kann. Nicht umsonst gibt es das Sprichwort “Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen” und ich glaube, jeder würde zustimmen, dass man erst durch viel Übung in etwas gut wird. Schließlich sucht auch jede Firma immer Mitarbeiter mit Erfahrung und nicht nur mit einem guten Schulabschluss.
In sehr theoretischen Fächern wie Mathematik kann die Übung natürlich auch in Form von Kursaufgaben erfolgen. Schließlich liegen hier Übung und Anwendung oft nahe beieinander. Es gibt aber eine ganze Reihe von Fächern, in denen das nicht der Fall ist. Man kann zum Beispiel jahrelang Medizin studieren. Will man ein erfolgreicher Chirurg werden, muss man sein theoretisches Wissen zwangsläufig in der Praxis anwenden und dadurch verbessern: “Übung macht den Meister!”
Lückentexte sind keine Sprachübungen: Dieses “Üben” wird aber gerade im Sprachbereich oft missverstanden. Wie, habe ich schon oft erklärt. Deshalb hier nur die Kurzversion, falls du neu hier bist: Eine Sprache üben heißt nicht, dass man ein paar Lehrbuchaufgaben lösen kann. Es bedeutet, dass man die Sprache in einer natürlichen Umgebung benutzt. Dabei ist es egal, ob es sich um Input oder Output handelt.
Und das handhaben wir bereits seit unserer Kindheit so. Jeder bekommt gesagt, wie wir bestimmte Dinge bezeichnen. Und durch reine Übung bekommen wir mit, wie wir Sätze bilden. Im Grammatikunterricht der Schule hingegen schalten die meisten ab. Man kann die Grammatik zwar anwenden, aber sie erklären? Eine ganz andere Sache! Immerhin hat kaum jemand die ganze Zeit geübt, Grammatik zu erklären.
Der Mythos verschiedener Lerntypen
“Aber ich bin ein sehr visueller Lerner!” Kommen wir zum nächsten Punkt. Der angebliche “Lernstil” und die Lieblingsaussage von rund 95 Prozent aller Menschen: “Ich lerne am besten visuell!” Auch das ist … nur ein Mythos. Die Antwort auf die Frage “Welcher Lerntyp bin ich?” ist also: Gar keiner. Wir alle erzielen die besten Ergebnisse mit einer Mischung aus visuellem und auditivem Lernen sowie Lesen/Schreiben. Das behaupte ich nicht nur, das wurde wissenschaftlich nachgewiesen:
Bislang gibt es keine Belege dafür, dass sich die Anpassung oder Verzahnung des Unterrichts mit dem von den Lernern selbst angegebenen Lernstil positiv auf ihre Fähigkeit auswirkt, neue Informationen zu lernen.
American Psychological Association
Das Verstehen dieser Tatsache ist laut der Abhandlung auch sehr wichtig, denn die Verfolgung eines vermeintlichen Lernstils kann sogar schädlich sein.
Wie hilft dir das bei Japanisch?
Nutze viele Quellen! Du solltest dich nicht nur auf eine Methode verlassen. Ich sage ja auch immer: “Du musst das machen, worin du besser werden willst!” Aber man kann auch besser werden, wenn man alles mischt. Zum Beispiel lernt man ein Wort schneller, wenn man es nicht nur liest und nachschlägt, sondern auch aufschreibt und anhört.
Wo liegen nun die Unterschiede? In der Überschrift habe ich natürlich schon gesagt, dass doch jeder anders lernt. Die wirklichen Unterschiede liegen aber nicht in einem vermeintlich großen Lernstil, sondern eher im Detail.
Der eine liest lieber ein Buch, der andere schaut sich lieber einen Film an. Der eine setzt auf Vokabelkarten, der andere auf Satzkarten. Aber das sind alles persönliche Vorlieben und Umstände. Denn du kannst die Wörter eines Buches auch durch Hören lernen, indem du dir eine Vokabelkare erstellst und eine Audiodatei hinzufügst.
Vielleicht benutzt man aber auch gar kein Vokabeldeck, sondern lässt sich einfach treiben und liest und liest und wird so dazu gezwungen, die Vokabeln immer wieder nachzuschlagen. Auch die Zeit, die man aufwenden kann, und die Anzahl der Methoden, die man beim Lesen, Schreiben, Hören usw. nutzt, sind unterschiedlich.
Natürlich ist es auch möglich, dass jemand für bestimmte Dinge länger braucht oder schneller ist als jemand anderes. Aber um Fortschritte zu machen, muss man, wie schon gesagt, einfach richtig lernen und sich auf das konzentrieren, was man mit der Sprache wirklich machen will!
Ich bin der Betreiber von Kawaraban und beschäftige mich seit 2007 mit Japan und seiner Sprache.
Ich habe einen Bachelor of Arts in Japanologie erworben und ein Austauschstudium an der Senshu-Universität absolviert.
Seit 2018 lebe ich in Japan und berichte über das Land und mein Leben hier.
Eines meiner Ziele ist es, zukünftigen Generationen bessere Erklärungen zur Sprache zu bieten, als ich sie zur Verfügung hatte.