Japanischkurs
Passiv im Japanischen

Wie funktioniert das japanische “Passiv” wirklich?

Du wirst oft davon lesen, wie du Verben konjugierst, um im Japanischen das Passiv zu bilden. Also einen Satz, in dem der eigentliche Verursacher einer Aktion zweitrangig wird. Damit gibt es nur ein Problem: Das Japanische hat keine Passiv-Konjugation. Dahinter steckt in Wirklichkeit das Empfangs-Hilfsverb られる (rareru)  bzw. れる (reru) und hier erklär ich dir die Grammatik dahinter!

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Was ist das Empfangs-Hilfsverb?

Das Problem der Lehrbucherklärung: Wenn du das Empfangs-Hilfsverb als Passiv ansiehst, so wie es Lehrbücher oft erklären, dann zerstört das die Satzstruktur des Japanischen und führt zu Definitionsschwierigkeiten bei den Partikeln, die plötzlich eine ganz andere Funktion einnehmen würden.

Die Definition japanischer Grammatiken: Das Hilfsverb れる bzw. られる bedeutet so viel wie “erhalten”. Im einsprachig japanischen Wörterbuch Kojien wird es mit dem Satz “受身を表す” erklärt. 受身 besteht dabei aus den Kanji für “Erhalten” und “Körper”. Zusammengesetzt also etwa “Erhaltender Körper”. 表す ist ein einfaches Verb und heißt “zeigen”.

Vier Nutzungsbereiche: Eine weitere Schwierigkeit bei der Bezeichnung als Passiv ist, dass das Empfangs-Hilfsverb nur in sehr bestimmten Situationen eingesetzt werden kann. Du kannst nicht jeden neutralen Satz mit ihm wiedergeben. Diese Einsatzgebiete unterscheiden sich nicht durch die Grammatik, sondern ausschließlich den Kontext:

  • Negative Dinge: Das ist der häufigste Einsatzbereich. Du kannst ausdrücken, dass jemandem etwas Schlechtes wiederfahren ist.
  • Positive Dinge: Ebenso siehst du es mit einer positiven Bedeutung. Wie, wenn jemand gelobt wurde.
  • Allgemeine Dinge: Das dritte Einsatzgebiet sind allgemeine Dinge. Dazu gehören Aktionen, die von einer großen Gruppe von Menschen durchgeführt werden. Dazu gehört auch die Eröffnung von Events oder Aussagen über das Wetter.

Es gibt keinen neutralen Einsatzbereich. Auf Japanisch könntest du mit dem Empfangshilfsverb nicht einfach nur eine Aussage treffen wie “Das Fenster wurde geöffnet.”

Verbindung mit den Verben

Wie nutzt du das Hilfsverb? Erneut gibt es bei der Bildung Unterschiede zwischen den Godan und Ichidan-Verben. Bei ersteren bildest du die Empfangsform mit der あ-Form des jeweiligen Verbes und kombinierst diesen mit dem Hilfsverb れる (reru). Bei letzteren ersetzt du wie immer das る am Ende. In diesem Fall mit einem られる (rareru).

Bildung des japanischen "Passiv"

Beispiele:

  • 買う(kau) – 買われる (kawareru)
  • 聞く (kiku) - 聞かれる (kikareru)
  • 話す (hanasu) - 話される (hanasareru)
  • 持つ (motsu) - 持たれる (motareru)
  • 食べる (taberu) - 食べられる (taberareru)

Potential oder “Passiv”? Viele Japanischlerner befürchten starke Verwirrungen, da das Potential-Hilfsverb und das Empfangs-Hilfsverb der Ichidan-Verben identisch ist. Allerdings benutzt du beide Formen in so unterschiedlichen Situationen, dass du sie rein vom Kontext her gar nicht verwechseln kannst.

Wie funktioniert rareru /reru?

Um genau zu zeigen, wie das Empfangs-Hilfsverb funktioniert, gibt es wieder ein Beispiel:

Satzstruktur mit japanischen "Passiv"
Wenn du das “Passiv” als Hilfsverb verstehst, ergibt die Satzstruktur Sinn.

Wer macht was? Die Besonderheit ist, dass das Erhalten die wahre Aktion des Satzes ist, die das Subjekt, also das が, ausführt. Denn in Wirklichkeit hast du hier einen sehr aktiven Satz. Das Verb, das mit dem reru oder rareru hingegen steht, hat einen anderen bekannten oder unbekannten Verursacher. Diese fehlende Unterscheidung sorgt für die Probleme in den meisten Lehrbüchern.

Was ist mit anderen Hilfsverben? In manchen Fällen kannst du ein Verb und dessen Hilfsverb kombinieren und als ein einzelnes Verb handhaben. Das funktioniert etwa bei 本が読める. Beim Empfang ist das hingegen nicht mehr möglich.

Zusammenfassen von Verb und Hilfsverb zu einer Einheit
Bei der Erhaltenden-Form kannst du den Verbstamm und das Hilfsverb nicht zu einer Satzeinheit zusammenfassen.

So nennst du den Verursacher

Bei dem Empfangshilfsverb musst du zudem erneut daran denken, dass der Akteur deines Satzes, dein Subjekt, nicht unbedingt eine Person oder ein Lebewesen sein muss.

お菓子が食べられた。

(Okashi ga taberareta.)

Die Süßigkeiten essen-erhielten.

So nennst du den Verursacher des 1. Verbs: Allerdings ist es jetzt möglich, auch den Akteur des ersten Verbs, im Beispiel das Essen, zu nennen. Das machst du mit der Partikel に. Wenn du etwa sagen willst, dass Sumito deine Süßigkeiten gegessen hat, sieht deine Satzstruktur folgendermaßen aus:

Verursacher der erhaltenen Aktion
Du kannst kennzeichnen, durch wen eine erhaltene Aktion ausgeführt wurde.

Erklärung der Struktur: Anhand des roten Wagons und der roten Lok erkennst du hier den eigentlichen Satz. Die Süßigkeiten erhielten etwas. Sumito und das erste Verb hingegen sind türkis, weil sie die Bedeutung des Verbs am Ende nur mit mehr Informationen genauer definieren.

Was macht das に? Wenn du dich an das Kapitel zur Partikel に erinnerst, weißt du, dass diese Partikel stets das ultimative Ziel einer Aktion kennzeichnet. れる/られる ist allerdings kein projezierendes Verb wie etwa なげる (werfen), sondern ein erhaltendes Verb. Also ein Zieh-Verb und kein Drück-Verb. Das Ziel von Zieh-Verben ist jedoch eine Quelle. Damit bleibt die Funktion von に erhalten.

Empfänger als Subjekt

Es gibt noch eine Besonderheit: Du kannst den Erhalter der Aktion selbst als Subjekt nennen, während Ding, das bei der normalen Nutzung des Empfangs-Hilfsverb das Subjekt ist, zum Objekt wird.

"Passiv" mit Empfänger als Subjekt
Der Empfänger der Aktion kann als Subjekt genannt werden.

Es gibt ein anderes Subjekt: Du siehst, das in diesem Fall Sumito selbst zum Subjekt des Satzes wird. Sein Arm hingegen wird zum Objekt. In verständliches Deutsch übersetzt würde es so viel heißen wie “Sumito wurde sein Arm von einem Hund gebissen.” Wenn du den Empfänger nicht nennst, würde der Satz hingegen so aussehen:

腕が犬に噛まれた。

Ude-ga Inu-ni kamareta

Der Arm Hund-von beißen-erhielt.

Im nächsten Kapitel geht es mit der Bildung von Adverbien, der genaueren Funktion von こと und der Partikel も weiter, einer weiteren Partikel, die wie は eine Flagge in der hier oft demonstrierten Satzstruktur darstellt.

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Profilbild von Mathias Dietrich

Ich bin der Betreiber von Kawaraban und beschäftige mich seit 2007 mit Japan und seiner Sprache.

Ich habe einen Bachelor of Arts in Japanologie erworben und ein Austauschstudium an der Senshu-Universität absolviert.

Seit 2018 lebe ich in Japan und berichte über das Land und mein Leben hier.

Eines meiner Ziele ist es, zukünftigen Generationen bessere Erklärungen zur Sprache zu bieten, als ich sie zur Verfügung hatte.

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