Japanischkurs
Der Weg zum Japanisch verstehen

Wie du japanische Sätze verstehst

Zum Abschluss der japanischen Grammatik gehe ich genauer darauf ein, wie du japanische Sätze liest und auch komplexe Konstruktionen ohne Probleme verstehen kannst.

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Der japanische Kernsatz

Erinnerung an die Grundlagen: Zum Verständnis musst du noch einmal an die früheren Kapitel zurückdenken, wo ich bereits erklärt habe, dass es nur zwei verschiedene Satzarten gibt: A ist B und A macht B. A und B sind, was du im deutschen respektive als Subjekt und Prädikat bezeichnest. Im japanischen heißen sie 主語 (しゅご) und 述語 (じゅつご). Ich werde sie jedoch weiterhin als A-Wagon und B-Lok bezeichnen.

Die richtige Reihenfolge: Die Satzreihenfolge ist hingegen etwas komplexer. Oft wird gesagt, dass sie im Japanischen dem System Subjekt-Objekt-Verb folgt, im Gegensatz zum Deutschen Subjekt-Verb-Objekt. Und wenn du gerade mit dem Lernen anfängst, kannst du so denken. In Wahrheit hast du jedoch viel mehr Freiheiten, um verschiedene Dinge zu betonen und es ist nur vorgegeben, dass das Verb am Ende steht. Du kannst also genauso Subjekt-Objekt-Verb-Sätze bilden wie Objekt-Subjekt-Verb.

Die Regeln der Satzreihenfolge

Letztendlich folgen japanische Sätze drei Regeln:

  • Die B-Lok ist stets am Ende eines logischen Satzes: Entsprechend ist alles ein logischer Satz, was mit einer B-Lok endet.
  • Alles, was ein Ding modifiziert, kommt vor das Ding: Im Gegensatz zum Deutschen, wo du etwa sagen kannst “Ein süßes Brot, das ich im Supermarkt kaufte.” und damit Modifikatoren des Brotes vor und nach ihm hast, kommt im Japanischen alles vor das beschriebene Ding. Etwa “スーパーで買った甘いパン。”
  • Partikeln sind heilig: Partikeln kennzeichnen, was ein Wort im Satz macht. Deswegen weiße ich seit Anfang an darauf hin, wie wichtig das richtige Verständnis dieser ist und wieso es so problematisch ist, dass klassische Lehrbücher mit zahlreichen Ausnahmeregeln so tun, als machen Partikeln einfach, worauf sie gerade Lust haben.

Gerade letzteres will ich besonders betonen. Ich sehe häufig Fragen wie “Was macht die Partikel hier in diesem Satz?” Und sie weißen darauf hin, dass jemand Japanisch falsch gelernt hat. Weil immer, wenn du irgendwo eine Partikel siehst, macht sie exakt das, was sie immer tut. Ohne Ausnahme.

Wo endet der Satz?

Das Problem: Jetzt kommen wir zur eigentlichen Analyse. Und da stehst du vor der Aufgabe, zu erkennen, wo ein logischer Satz endet. Was gerade bei komplexeren Sätzen problematisch werden kann, wenn mehrere logische Sätze in einer einzelnen Aussage auftauchen.

Die Lösung: Wann immer Teile eines logischen Satzes auftauchen, die nicht Teil des Kernsatzes sind, dann erzählen sie stets mehr über den A-Wagon oder die B-Lok. Da ein Satz immer eine Kernaussage hat, können sie gar nicht mehr tun. Und komplette logische Sätze müssen auf die ein oder andere Art und Weise miteinander verbunden werden. Das ist auch, wie du sie erkennen kannst.

So erkennst du Verbindungen: Abseits von offensichtlichen Konjunktionen wie etwa die Konditionalform musst du auf zwei weitere Elemente achten, die das Ende eines logischen Satzes kennzeichnen: Die て-Form, sowie der い-Stamm eines Verbs. Letztere wird im Japanischen nicht umsonst als 連用形 (renyoukei) oder auf Deutsch “Verbundsform” bezeichnet. Denn die kann fast alles miteinander verbinden, auch komplette logische Sätze.

Die richtige Analysetechnik

An dieser Stelle will ich dir erklären, wie genau du mit diesem Wissen vorgehen musst, wenn du einen unbekannten japanischen Satz vor dir hast. Dafür nutze ich das folgende Beispiel:

傘を持ってくればよかった。
(Ich) Schirm tragen wenn gut gewesen.

Die logischen Sätze: Du siehst hier mit der て-Form und dem Konditionalhilfsverb れば zwei Verbindungen, bei denen ein logischer Satz endet. Und aufgrund des Kontext ist das unsichtbare Subjekt, das Null-が ganz am Anfang, einfach nur “ich”. Mit 傘を持って sagst du, dass du einen Schirm trägst.

Das 来る (dt. “kommen”) ist hingegen wieder ein vollständiger Satz, der erneut das “ich” als unsichtbares Subjekt besitzt. Die Verbindung der beiden Sätze funktioniert dabei wie im Deutschen “Ich trage und komme” wäre eigentlich auch “Ich trage und ich komme.” Die Lokalisation dieser Struktur ist “mitbringen”, was jedoch verschleiert, dass du hier eben nicht nur ein Verb hast.

Da das 来る jedoch mit dem Konditionalhilfsverb れば steht, weißt du, dass nach ihm ein weiterer logischer Satz beginnen muss. Der erklärt nun, was wäre, wenn du einen Schirm mitgebracht hättest und besteht aus dem Verb いい in Kombination mit dem Vergangenheitshilfsverb た. Der Satz alleine heißt “(Es) war gut”. Denn wie du weißt, haben Adjektive die Kopula stets integriert, wodurch es eine B-Lok ist.

Wo ist der A-Wagon? Nun weißt du aber, dass eine B-Lok stets einen A-Wagon benötigt. Da du im zweiten Satz kein entsprechendes Subjekt findest, muss es sich erneut um das unsichtbare Subjekt handeln. Das bedeutet in diesem Fall so viel wie “Es” und referenziert den vorherigen Satz.

Was ist der Hauptsatz? Die Kernaussage steht hingegen immer am Ende des gesamten Satzes, denn jeder japanische Satz endet mit einer B-Lok. Mit Ausnahme einiger Partikel-Anhängsel, die jedoch keine logische Bedeutung haben.

Wie gehst du bei komplexen Sätzen vor?

Bei komplexeren Sätzen weitest du die Vorgehensweise nur aus. Du eliminierst stets die Möglichkeit, dass es sich um einen Verbundsatz handelt, indem du nach Verbindungswörtern suchst. Und zur Übung kannst du dir den folgenden Satz ansehen:

私がすみとに話した日本語が出来る留学生は五輪金メダルを獲得した女性と結婚した.

Zweifelhafte Hilfestellung: Auf den ersten Blick sieht das alles sehr kompliziert aus. Für das bessere Verständnis gibt es die Hilfestellung, von hinten mit der B-Lok beim Lesen anzufangen. Ich halte die jedoch nicht für sinnvoll. Denn sie mag bei Texten funktionieren, in einem Gespräch siehst du jedoch nicht das Ende des Satzes, den dein Gegenüber gerade sagt. Und den ganzen Satz merken, eh du ihn übersetzt, ist ein großes Stück Arbeit.

Was solltest du tun? Du musst also Stückweise vorgehen und jeden Teil einzeln verstehen, wie es auch Japaner tun.

  • 私がすみとに話した: Direkt zu Beginn erkennst du eine fast vollständige Aussage. Ich sprach zu Sumito. Oder ich erzählte Sumito von etwas? Der Satz endet allerdings nicht und du hast auch keine Satzverbindung. Also muss er gleich etwas modifizieren.
  • 日本語が出来る: Diesen Satz kennst du mittlerweile als “Japanisch macht möglich“. Auch das könnte wieder ein kompletter Satz sein, aber auch der endet nicht und auch hier findest du keine Satzverbindung. Ein weiterer Teilsatz also, der wieder etwas modifiziert.
  • 留学生: Ein einfaches Substantiv. Ein Austauschstudent. Der ist es, der durch die zwei zuvor genannten logischen Sätze modifiziert wird. Einmal hast du Sakura von ihm erzählt und außerdem kann er Japanisch.
  • は: Danach folgt die Themenpartikel は. Das ist ein Marker. Du weißt, dass Partikeln heilig sind und nie ihre Bedeutung verändern. Entsprechend kannst du das vor ihm als Einheit merken. Die heißt “Was den Austauschstudenten, der Japanisch kann, von dem ich Sakura erzählte angeht.” Als nächstes muss ein neuer Satz folgen, der dir erklärt, was genau mit ihm ist.
  • 五輪金メダルを獲得した: Ein weiteres Substantiv. Es bedeutet einfach nur olympische Goldmedaille. Direkt gefolgt von der Partikel を, muss es das Objekt des neuen Satzes sein. Und mit dem darauffolgenden Verb erfährst du, dass jemand diese Goldmedaille erhielt. Auch dieser Satz muss etwas modifizieren. Denn es ist ein vollständiger logischer Satz, aber er endet nicht. Zudem siehst du keine Konjugation.
  • 女性: Es folgt ein weiteres Substantiv. Dieses Mal eine Frau. Sie ist es, die mit dem Satz davor genauer beschrieben wurde. Es bedeutet damit “Die Frau, die eine olympische Goldmedaille gewann.”
  • と結婚した: Schließlich kommst du bei der B-Lok an. Vor der steht die Partikel と. In diesem Fall ist es die Partikel “und” im Gegensatz zur Zitatspartikel. Und in Kombination mit dem A-Wagon weißt du nun, dass Austauschstudent und Frau zusammen geheiratet haben.

Wende Japanisch an!

Wenn du den Guide von Anfang an bis hierhin gelesen hast, bist du spätestens jetzt bereit, dich an richtigen Japanischen Sätzen zu versuchen. Sieh das als Aufforderung an: Such dir irgendein Werk, das dich interessiert. Das kann ein Buch sein, ein Spiel, ein Film. Wichtig ist nur, dass es Japanisch ist. Wenn du dir noch unsicher bist, kannst du zunächst auch einfache Werke nehmen. Setze dich ran, deaktiviere sämtliche Hilfen in anderen Sprachen außer Japanisch und gehe sie durch. Einige Quellen findest du in meiner Liste mit kostenlosen Hilfsmitteln unter Punkt 5:

Das wird passieren: Du wirst kaum etwas verstehen. Das ist normal und kein Problem, das dich aufhalten sollte. Du kennst die Grammatik, aber kaum Vokabeln. Und jedes Werk, das du vor dir hast, wird immer eigene, teils sehr spezielle Worte benötigen. Die kannst du jetzt aber problemlos in einem Wörterbuch nachschlagen und übersetzen. Dein Grammatikwissen hingegen hilft dir, zu verstehen, wie die Worte miteinander interagieren.

Mit Übung zum Muttersprachniveau: Je mehr japanische Werke du durchgehst, umso weniger musst du übersetzen. Du wirst ganz nebenbei immer mehr Vokabeln lernen. Und mit jedem neuen Werk verstehst du immer mehr und musst immer weniger nachschlagen. Bist du irgendwann merkst, dass du Japanisch einfach verstehst und nicht mehr über konfus klingende Übersetzungen und Struktur nachdenkst.

Wenn dir meine Erklärungen geholfen haben, würde ich mich zudem freuen, wenn du mich unterstützt. Dafür reicht es bereits, einfach nur meinen Youtube-Kanal zu abonnieren. Wie genau du helfen kannst, findest du im folgenden Kasten heraus:

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Die Text-Version des Grammatik-Guides ist komplett kostenlos. Es gibt aber auch eine begleitende Video-Version, in der ich die Grammatik erkläre und zudem mit Animationen veranschauliche. Die ersten Kapitel sind kostenlos, damit du dir einen Eindruck machen kannst. Die späteren kannst du auf vier verschiedene Methoden bekommen:
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Profilbild von Mathias Dietrich

Ich bin der Betreiber von Kawaraban und beschäftige mich seit 2007 mit Japan und seiner Sprache.

Ich habe einen Bachelor of Arts in Japanologie erworben und ein Austauschstudium an der Senshu-Universität absolviert.

Seit 2018 lebe ich in Japan und berichte über das Land und mein Leben hier.

Eines meiner Ziele ist es, zukünftigen Generationen bessere Erklärungen zur Sprache zu bieten, als ich sie zur Verfügung hatte.

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