Ich persönlich liebe Open-Source-Projekte. Also kostenlose Programme, die aus echter Leidenschaft entstanden sind. Auch für das Japanischlernen gibt es viele solcher, von denen du sicher schon auf meiner Seite gelesen hast. Auch mein eigenes ist letztendlich kostenlos. Neulich habe ich ein sehr nützliches kostenpflichtiges gefunden ... und sofort gab es Kritik. Ich nehme das zum Anlass, um etwas zu verdeutlichen: Gute Lernmittel müssen irgendwie finanziert werden.
Japanisch-Apps sind auf Sand gebaut
Wer Japanisch lernt, wird höchstwahrscheinlich mindestens ein oder mehrere Programme wie Anki oder Yomitan benutzen. Sie sind quasi das Herzstück des Unterfangens. Und zudem völlig kostenlos. Mit Ausnahme der iOS-App von Anki, aber dazu später mehr!
Der aktuelle Stand kostenloser Japanisch-Apps lässt sich am besten mit einem Bild verdeutlichen. Das zeigt, womit du höchstwahrscheinlich lernst:
Quelle: XKCD
Wir hätten fast alles verloren: Das ist keine Übertreibung. Dass ich von Yomitan und nicht von Yomichan spreche, ist eigentlich eine Erinnerung daran.
Denn noch vor wenigen Jahren setzten Japanischlerner auf Yomichan. Bis der Entwickler eines Tages verkündete: Er hört auf. Den JLPT N1 habe er schon vor Jahren bestanden. Yomichan nutzt er selbst nicht mehr. Verständlich: Wieso daran arbeiten, wenn es kein Geld macht und man es selbst nicht mehr braucht? Das hätte das Ende der wichtigsten Japanisch-App sein können.
Weitere Projekte: Derselbe Entwickler ist übrigens auch für das AnkiConnect-Addon verantwortlich, über das zahlreiche andere Programme mit Anki interagieren.
Warum gibt es das Projekt immer noch? Freiwillige sind eingesprungen und führen Yomichan als Yomitan weiter ... unbezahlt.
Welche Projekte kann es noch erwischen?
Wie lange bleibt Jidoujisho? Ich empfehle Jidoujisho gerne weiter. Der Entwickler hat vor kurzem angekündigt, dass er nicht mehr so viel Zeit investieren kann.
Wie steht es um Anki? Anki selbst verdient sein Geld mit dem Verkauf der iOS-Version. Aber das ist nur die halbe Geschichte. Die Android-Version wird unabhängig entwickelt und finanziert sich ausschließlich über Spenden.
Gerade Nischen sind in Gefahr: Weitere Projekte mit diesem Problem sind asbplayer, Agent, Texthooker und Yomininja. Ohne Yomitan verlieren diese Projekte ihre wichtigste Funktion. Freu dich zudem darauf, wenn Google bald Manifest v3 erzwingt. Dann werden wir uns wohl von vielen freien Projekten verabschieden müssen.
Diese Projekte sind großartig! Ich möchte nicht von ihnen abraten und empfehle sie, solange es sie gibt! Es ist eher ein Hinweis, sie nicht als selbstverständlich anzusehen und zu unterstützen.
Ein Blick hinter die Kulissen
Ich rede mir gerne ein, dass mein eigenes Projekt auch einen Mehrwert für viele Japanischlerner und vielleicht sogar für Sprachenlerner im Allgemeinen hat. Im Laufe der Zeit hat sich das immerhin von einem einfachen Grammatikführer für Japanisch zu einem umfassenden Sprachkurs entwickelt.
Zu der Bezeichnung stehe ich: Hier auf dieser Webseite kannst du kostenlos lernen, wofür du in Kursen Hunderte von Euro ausgeben müsstest. Eigentlich sogar noch mehr, denn ich erkläre dir, wie du danach selbstständig weitermachen kannst. Außerdem biete ich die Inhalte nicht nur als Text, sondern auch als Video an.
Was steckt hinter kostenlosen Projekten? Dass es mein Projekt - und die anderen genannten - gibt, liegt vor allem am Enthusiasmus. Ich selbst bin derzeit in einer Situation, in der ich viel Zeit dafür aufbringen kann. Ich betreibe es in Vollzeit und ohne Wochenende.
Die wenigsten unterstützen mich finanziell: Aber während ich derzeit ca. 12.000 Besucher im Monat habe, unterstützen mich in diesem Zeitraum ca. 60 - 80 Personen durch Abos oder den Kauf meines Udemy-Kurses und Buchs. Dafür möchte ich mich ganz herzlich bedanken, denn ohne Euch gäbe es hier keine Inhalte!
Im Moment kann ich nicht davon leben: Die Einnahmen decken derzeit trotz aller Anstrengungen nicht meinen Lebensunterhalt. Ich muss zusätzlich noch freiberufliche Aufträge annehmen. Und Magnus, der dafür sorgt, dass auf der Seite alles läuft und gut aussieht, verzichtet im Moment auf seinen Anteil, weil ich sonst nicht mehr über die Runden käme.
Wo fließt das Geld stattdessen hin?
Inzwischen verdienen andere Projekte wie Duolingo genug Geld, um jährliche Messen zu veranstalten. Der Lernwert ihrer App ist jedoch bestenfalls fragwürdig, wenn man bedenkt, wie viele Lerner ihre jahrelangen Streaks posten, ohne vorweisbare Sprachkentnisse zu besitzen.
Japanischkurse hingegen kosten oft mehrere hundert Euro für nur wenige Stunden, die einen nichtmal auf N5-Niveau bringen. Kritik bekommen sie kaum. Höchstens von Ausreißern wie mir, die irgendwann gemerkt haben, wie wenig ihnen diese Kurse letztendlich gebracht haben.
Wer bekommt die Kritik? Projekte wie meins oder Migaku, das ich seit neuesten empfehle. Da heißt es, es sei zu teuer. Begriffe wie "Abo-Müll" und ähnliches fliegen durch die Gegend. Die Bewertung der Browser-Erweiterung von Migaku liegt unter 4 Sternen. Das liegt aber nicht an dem, was die App leistet, sondern daran, ... dass das Projekt einmal kostenlos war und die Entwickler nun für ihre Arbeit bezahlt werden wollen.
Eine Arbeit, die mit Dingen wie der Integration der ChatGPT API und Sprachsynthese laufende Kosten pro Benutzer verursacht. Ganz zu schweigen von den Gehältern der Entwickler und den Kosten für die Server, auf denen die Karten gespeichert werden.
Es braucht gute bezahlte Lernhilfen!
Dass ich eine Partnerschaft mit Migaku eingegangen bin, liegt an meiner Überzeugung. Immerhin sagte ich in der Vergangenheit bereits, dass kostenlose Projekte die kostenpflichtigen dazu anspornen müssen, mehr zu bieten. Hier sehe ich das Ergebnis davon!
Wer ab und an meine Beiträge liest, weiß, dass ich mich nie hinter Projekte stellen würde, die mir nichts wert sind. Bekanntermaßen, habe ich schon viel Kritik an Sprachschulen und Apps geäußert, die jetzt wohl nicht mehr mit mir zusammenarbeiten wollen. Aber hey – das basiert auf Gegenseitigkeit!
Der große Vorteil von Migaku
Der große Unterschied bei Migaku: Im Gegensatz zu meinen üblichen Empfehlungen ist Migaku kostenpflichtig. Entweder bezahlt man ein Abo oder kauft sich einen Lifetime-Zugang. Und das ist genau der Punkt, warum ich auf das Projekt setze.
Denn hier arbeitet ein Team an einem Programm, das nicht von anderen Projekten abhängig ist und gleichzeitig Geld verdient. So können sie die Entwicklung und den Betrieb der Plattform finanzieren und gleichzeitig Sprachlernern wirklich wichtige Funktionen bieten. Außerdem ist es einfacher zu benutzen als die kostenlosen Alternativen, die sehr komplex sein können.
Migaku gibt dir die Wahl: Ein weiterer wichtiger Punkt ist meiner Meinung nach, dass du Migaku mit Anki benutzen kannst, aber auch den integrierten Vokabeltrainer als Alternative hast.
So bekommst du das Beste aus beiden Welten! Dank Anki bleiben deine Daten auf jeden Fall bei dir. Aber wenn das mal nicht mehr geht, kannst du einfach mit Migaku weiterlernen!
Blick in die Zukunft
Die Roadmap ist vielversprechend: Während man bei Migaku derzeit noch bestimmte Aspekte wie das Lesen von eBooks in den Browser auslagern muss, wird sich das in Zukunft ändern. Die nächsten Punkte auf der offiziellen Roadmap sind ein Reader und Youtube-Mining für Smartphones.
Es kostet nicht viel! Wenn man den Nutzen der App mit den Alternativen vergleicht, ist Migaku verdammt günstig. Denn hier zahlt man weniger für ein Lifetime-Abo, das einem jahrelang beim Lernen hilft, als man teilweise für einen einzelnen Japanischkurs zahlt, der vielleicht drei Monate dauert und nach einem Jahr im Bestfall ein JLPT N5-Niveau verspricht - das niedrigste, das es gibt.
Wenn du Migaku nutzt, kannst du übrigens nicht nur Migaku selbst, sondern auch mein Projekt unterstützen! Als Partner erhalte ich eine Provision, wenn du dich über meinen Link anmeldest. Und du bekommst neben einer wichtigen Lern-App einen Monat gratis!
Viel Auswahl gibt es nicht
Apps zum Japanisch lernen, die so gut sind, sind zudem eine Seltenheit. Ich empfehle noch den Satori Reader, der einen Teil seiner Geschichten kostenlos anbietet. Es ist ein schneller Einstieg in die Immersion. Die Grammatikerklärungen sind allerdings fragwürdig und auf Dauer willst du bestimmt auch andere Werke lesen und ansehen.
Andere Projekte wie LinQ hingegen setzen den Immersionsaspekt fragwürdig um. Für die Übersetzung ins Deutsche werden einfach automatische Übersetzer genutzt, die gerne mal daneben liegen. Die Vokabelkarten verbleiben in der Anwendung und können nicht exportiert werden.
Ein großer Teil der anderen Apps hingegen legt wenig Wert auf Immersion und führt auf fragwürdige Lernwege, die sich nicht an den Erkenntnissen der Spracherwerbstheorie orientieren.
Die Realität hinter kostenlosen Lern-Apps ist also: Wenn wir gute Japanisch-Ressourcen haben wollen, müssen wir dafür bezahlen. Ansonsten erhalten Anbieter fragwürdiger Apps mehr Geld, um weiter zu expandieren und noch mehr Lerner von diesem wunderbaren Hobby abzubringen, weil ihre Mittel keine Erfolg erzielen.
Ich bin der Betreiber von Kawaraban und beschäftige mich seit 2007 mit Japan und seiner Sprache.
Ich habe einen Bachelor of Arts in Japanologie erworben und ein Austauschstudium an der Senshu-Universität absolviert.
Seit 2018 lebe ich in Japan und berichte über das Land und mein Leben hier.
Eines meiner Ziele ist es, zukünftigen Generationen bessere Erklärungen zur Sprache zu bieten, als ich sie zur Verfügung hatte.