Jeder kann Überflieger sein!
Wenn du Japanisch lernst, kennst du bestimmt die Leute aus dem Sprachkurs, die die Sprache scheinbar mit Leichtigkeit aufnehmen und perfekt beherrschen. Da wird man schnell neidisch! So gut möchte man es auch können! Aber leider hat man dieses Talent einfach nicht und kommt beim Lernen nur langsam voran. Was aber, wenn ich dir sage, dass auch du zu den Überfliegern gehören kannst?
Es ist kein Talent! Ich kenne viele derartige Menschen. Und auch ich habe lange Zeit nur neidisch auf sie geschaut. Es kam mir nicht in den Sinn, dass sie etwas anders machen könnten als ich. Ich dachte, das sei eine angeborene Begabung … bis ich mich mit den Überfliegern näher unterhalten habe. Das Ergebnis: Du denkst vielleicht, sie lernen wie du. Aber das tun sie nicht. Sie verwenden ganz andere Methoden, die du im Unterricht nie lernen wirst. Und die sind der Grund für den unterschiedlichen Lernfortschritt. Keine angeborene Fähigkeit.
Was machen sie anders?
Wie lernt man selbst? Die meisten lernen Japanisch wahrscheinlich so, wie ich es lange Zeit getan habe: Lehrbuch lesen. Übungen durchgehen. Dann mit Vokabelkarten die Vokabeln aus dem Buch auswendig lernen. Und nach dem Unterricht natürlich immer Hausaufgaben machen. Das dauert alles sehr lange, da kann man schon erwarten, dass man Fortschritte macht. Aber gut. Eine ganze Sprache zu lernen braucht natürlich Zeit! Oder?
So lernen die Überflieger: Obwohl du die Überflieger manchmal in einem Kurs siehst, nehmen sie höchstens ein paar grammatikalische Erklärungen mit. Den größten Teil ihrer Lernanstrengungen siehst du nicht. Sie lernen nämlich auch außerhalb des Kurses weiter. Aber nicht mit Hausaufgaben, sondern indem sie japanische Romane lesen, Serien schauen und Podcasts hören. Vielleicht hast du schon einmal gehört, dass sie das tun und es auf ihr Talent zurückgeführt, während du dir selbst sagst: “Ich bin noch nicht so weit!” Aber bedenke, was wirklich hinter diesen Aussagen steckt!
Aktives Aneignen
Das ist keine Berieselung! “Romane lesen” und so weiter bedeutet nicht, dass sie wie bei einem deutschen Buch alles direkt verstehen. Sie lassen sich zudem auch nicht nur passiv berieseln. Ganz im Gegenteil. Wenn sie einen Satz nicht verstehen, schauen sie alles nach, was sie noch nicht wissen. Sie schreiben sich Vokabeln auf, die sie nicht kennen und nehmen sie in ihr Deck auf, und so lernen sie viel mehr Wörter, als ein Kurs jemals vermitteln kann oder in Lehrbüchern stehen. Zudem sind diese Vokabeln nicht zufällig gewählt, sondern explizit auf ihr Hobby ausgerichtet.
Man braucht Durchhaltevermögen! Und das tun sie jeden Tag. Manche etwas länger, andere finden weniger Zeit. Aber schon Aussagen wie “täglich zwei Stunden lesen” sind mit besonders großen Fortschritten verbunden. Doch auch wer nur 30 Minuten am Tag dafür findet, kommt schneller voran. Das ist immerhin bereits ein Vielfaches von dem, was du in der typischen wöchentlichen Unterrichtsstunde und mit den Hausaufgaben verbringst. Und ganz wichtig: Sie haben dabei natürliches Japanisch um sich, wie es in Japan genutzt wird. Und keines, das auf das Niveau von Kursteilnehmern zugeschnitten wird.
Wage den Sprung!
Wie weit bist du gekommen? Womöglich wird das komplett gegen deine Vorstellung vom Lernen sein. Allerdings solltest du dich fragen: Wie weit bist du mit deinen bisherigen Bemühungen gekommen? Hast du den JLPT N5 oder vielleicht sogar den N4 in einem Jahr bestanden? Oder lernst du schon seit drei oder vier Jahren und kommst einfach nicht weiter? Vielleicht hast du sogar schon ein hohes Niveau wie B2 erreicht, denkst dir aber immer noch, dass du Japanisch kaum verstehst.
Schätze dich selbst ein! Was glaubst du, wie lange du noch brauchst, um dein Ziel, Japanisch zu verstehen, zu erreichen? Glaubst du, dass sich in einem Jahr etwas ändern wird? Oder in 5 Jahren? Dass es irgendwann einfach “Klick” macht und du plötzlich problemlos ein Buch lesen oder Anime verstehen kannst?
Versuch es einfach! Auch wenn du denkst, dass der Weg dieser Überflieger nicht klappen kann und die Lehrer dir schon sagen würden, wenn es funktionieren würde, rate ich dir: Versuch es einfach. Du kannst nichts verlieren. Nimm dir irgendein japanisches Werk, das dich wirklich interessiert, und lese es durch. Wenn du durch bist, nimmst du das nächste. Bleib etwa drei Monate dabei und vergleiche dann die Fortschritte, die du in diesen drei Monaten gemacht hast, mit denen, die du in den Jahren davor gemacht hast.
Wenn du aber noch ein bisschen in der Luft hängst und dich fragst, wie genau du dafür vorgehen solltest, hilft dir ein Blick in meinen umfangreichen Japanisch-Guide, in dem ich diese Lernmethode ausführlich vorstelle:
Ich bin der Betreiber von Kawaraban und beschäftige mich seit 2007 mit Japan und seiner Sprache.
Ich habe einen Bachelor of Arts in Japanologie erworben und ein Austauschstudium an der Senshu-Universität absolviert.
Seit 2018 lebe ich in Japan und berichte über das Land und mein Leben hier.
Eines meiner Ziele ist es, zukünftigen Generationen bessere Erklärungen zur Sprache zu bieten, als ich sie zur Verfügung hatte.