Das Japanische lässt bekanntlich gerne viel weg. Manchmal sind es ganze Wörter, manchmal nur Teile davon. Hier zeige ich dir einige der häufigsten Auslassungen, damit du sie nach wie vor verstehen kannst.
Gleiche Bedeutung, anderer Ton: Die Abkürzungen sehen im Grunde nur anders aus und sparen Zeit beim Sprechen. Sie haben keine andere Bedeutung und sind dem Original manchmal so ähnlich, dass du sie ohne weitere Erklärung erkennen kannst. Du solltest dir aber bewusst sein, dass solche Abkürzungen immer sehr umgangssprachlich sind und eine andere Nuance haben. Du solltest sie daher nicht bei offiziellen Anlässen verwenden.
Kurze Verneinungen
Von ない zu ん: Gerade in vielen Unterhaltungswerken wirst du oft auf die verkürzte Form der Verneinung stoßen. Auch hier lässt du einfach das る bei den Ichidan-Verben weg und verwendest die あ-Form bei den Godan-Verben. Dann setzt du aber kein ない ans Ende, sondern einfach ein ん. Statt 食べない zum Beispiel einfach nur 食べん. Und ein 聞かない wäre 聞かん.
Die veraltete Form: Es gibt noch eine zweite, kürzere Form des ない. Und zwar das heute etwas altmodisch klingende ぬ. 食べぬ bedeutet auch “nicht essen”. Im japanischen Alltag begegnet man diesem Wort eher selten, dafür aber umso häufiger in diversen Mangas, Animes und Serien. Hier verwenden oft uralte Wesen oder Götter diese Variante.
Abgekürzte Befehle
Du kannst auch Befehle mit なさい abkürzen. Dabei wird das なさい einfach nur zu einem な. Allerdings musst du dabei aufpassen. Denn hier kann der Befehl entweder zu einer Aufforderung, etwas zu tun, oder aber auch der, etwas nicht zu tun werden.
Den Unterschied macht die Form des Verbs aus. な nach der い-Form oder einem Ichidan-Verb ohne る bedeutet, dass etwas getan werden sollte. Steht es hingegen nach einem vollständigen Satz, bedeutet es, das etwas nicht getan werden sollte. Wirf am besten einen Blick auf die Beispiele:
Jemand soll etwas tun:
- 食べな: Bitte iss!
- 行きな: Bitte geh!
- 走りな: Bitte renn!
Jemand soll etwas nicht tun:
- 食べるな: Iss das nicht!
- 行くな: Geh nicht!
- 走るな: Renn nicht!
Bitte ohne ら: ら-抜き
Wenn du in Japan etwas bestellst und möchtest, dass etwas weggelassen wird, sagst du X抜き. 肉抜き bedeutet etwa “ohne Fleisch”. Und das funktioniert auch grammatisch. Hier gibt es ら抜き! Und das bedeutet, dass bei bestimmten Wörtern das ら einfach weggelassen wird. Am häufigsten begegnet dir diese Abkürzung in der Kanto-Region, vor allem in Tokio. Sie fällt vor allem in drei Situationen auf:
- わからない (wakaranai) wird zu わかんない (wakannai) – “ich verstehe nicht”
- みられる (mirareru) wird zu みれる (mireru) – “gesehen werden können”
- られる (rareru) wird zu れる (reru) – Potenzial-Hilfsverb von Verben
Der dritte Punkt ist eine besondere Vereinfachung. Denn normalerweise verwendet man られる mit den Ichidan-Verben. Wenn aber das ら wegfällt, wird es zu れる, und damit sieht das Hilfsverb genau so aus wie bei den Godan-Verben.
Männliches です: っす
Vor allem männliche Schüler verkürzen das です manchmal zu っす. Dies kann verschiedene Nuancen ausdrücken, die teils etwas widersprüchlich erscheinen.
- Respekt, Verlegenheit verbergen: Wird verwendet, wenn man Respekt zeigen möchte, die korrekte Höflichkeitsform aber als übertrieben oder peinlich empfindet. Es wird auch verwendet, wenn nicht klar ist, wie viel Respekt man zeigen sollte. Dies kann der Fall sein, wenn man sich noch nicht gut genug kennt oder wenn der Unterschied in Rang und Alter gering ist.
- Vertrautheit, positive Gefühle: Die Form drückt auch aus, dass man dem anderen nicht ablehnend gegenübersteht und sich näherkommen möchte.
- Distanz, Abgrenzung: Ganz im Gegensatz dazu steht die Verwendung des っす als Zeichen dafür, dass man kein größeres Interesse hat und auf Distanz bleiben will. Dies ist vor allem bei halbherzigen Ausdrücken wie いいっす, そうっすか oder うっす der Fall.
Noch nicht kurz genug? Obwohl das だ ein wichtiger Bestandteil von Substantivsätzen ist, kann man es auch ganz weglassen. Das passiert schon in Kinderbüchern. Die Geschichte たまごのはなし beginnt zum Beispiel mit dem Satz 「わたしはたまご」
“Müssen” einfach schnell gesagt: なきゃ
Du weißt, dass man im Japanischen “müssen” mit Konditionalen ausdrückt. Das ergibt Sätze wie なければならない. Das finden die Japaner auch viel zu lang. Deshalb kannst du das Ganze auf nur drei Zeichen kürzen, dann bekommst du ein なきゃ. Statt 書かなければならない kannst du zum Beispiel einfach 書かなきゃ schreiben.
Es ist jedoch zu beachten, dass das なければならない meistens verwendet wird, um Pflichten auszudrücken. Um dem Nachdruck zu betonen, wird in den meisten Fällen die lange Art und Weise verwendet.
Vorbereitung: とく statt ておく
Mit ておく drückt man aus, dass man etwas in Gang setzt und es dann dabei belässt. Hier kannst du das て und お zusammenziehen, wodurch とく bzw. どく entsteht. Je nachdem, ob das Verb seine て-Form mit dem て oder dem で bildet. Statt 置いておく kann man zum Beispiel auch einfach 置いとく sagen.
Ein schnelles Ende: てしまう wird zu ちゃう
てしまう, was bedeutet, dass etwas endet, hat auch eine informelle Version. Diese entsteht, wenn man die Aussprache zusammenzieht. Das ergibt ちまう und schließlich die noch kürzere Version ちゃう. Anstelle eines 食べてしまう kann man auch 食べちゃう sagen. Diese Aussprache ist vor allem in Tokio sehr verbreitet.
ちゃう selbst verhält sich hingegen wie ein normales Godan-Verb. Willst du mit ihm eine Aussage über die Vergangenheit machen, dann würdest du ganz regelmäßig ds Vergangenheitshilfswort anhängen, wodurch du ちゃった erhälst.
の wird zu ん
Die Verneinung kürzt du manchmal mit ん ab. Allerdings gibt es auch eine Partikel, die du so abkürzen kannst: Das の, wenn es substantivierend verwendet wird. So entstehen etwa die folgenden drei Beispiele:
- 何なのだ。-> 何なんだ。 – “Was ist das?”
- 彼が来るの。 -> 彼が来るん。 – “Kommt er?”
- 面白いのです。-> 面白いんです。 – “Es ist interessant.”
Es gibt noch mehr Abkürzungen als die hier aufgeführten. Aber die hier gezeigten sind die häufigsten. Im nächsten Kapitel geht es um verschiedene Wörter, mit denen du Limitierungen ausdrücken kannst.
Ich bin der Betreiber von Kawaraban und beschäftige mich seit 2007 mit Japan und seiner Sprache.
Ich habe einen Bachelor of Arts in Japanologie erworben und ein Austauschstudium an der Senshu-Universität absolviert.
Seit 2018 lebe ich in Japan und berichte über das Land und mein Leben hier.
Eines meiner Ziele ist es, zukünftigen Generationen bessere Erklärungen zur Sprache zu bieten, als ich sie zur Verfügung hatte.