In der japanischen Grammatik gibt es eine ganze Reihe von Konditionalen, die du lernen musst. Und alle haben ihre eigene spezielle Bedeutung und Anwendungsbereiche. Ich erklär dir, wie sie funktionieren und wann du welches nutzt.
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Die Erklärungen zu den Konditionalen haben alle ein großes Problem: Die Verwendung ist teilweise regional abhängig. In der Kanto-Region wird etwa stärker zwischen den Funktionen unterschieden, in der Kansai-Region weniger. Dazu kannst du in vielen Situationen auch ein beliebiges Konditional verwenden und selbst japanische Grammatikseiten liefern unterschiedliche Erklärungen.
Die Funktionen von と
Grundlage: In einem früheren Kapitel erklärte ich dir, dass Japanisch zwei verschiedene Worte für “und” besitzt. Das nicht-exklusive や und das exklusive と. Letzteres nutzt du auch, um konditionale Zusammenhänge auszudrücken. Lehrbücher tun so, als seien es jeweils andere Partikel, sie sind es aber nicht.
Wieso funktioniert das? と ist weder eine logische Partikel, die sagt wer, was, wie tut und auch keine Partikel wie は und も, die uns Informationen darüber geben, was das mit ihnen verbundene Substantiv ist, aber keine Rolle in der logischen Satzstruktur spielen. Im Gegensatz zu logischen Partikeln muss と nicht mit einem Substantiv stehen. Es kann auch mit einem logischen Satz stehen und damit die Rolle eines Konditionals einnehmen.
と als Konditional
Nutzung und Beispiel: Das と gibt in der Struktur AとB an, dass wenn A passiert, unweigerlich B folgt. Sieh dir als Beispiel den Satz 夏になると熱くなる an. Der bedeutet lokalisiert “Wenn es Sommer wird, wird es warm.” Doch das ist nicht, was du eigentlich sagst. Die wörtliche Übersetzung sieht wie folgt aus:
夏になると熱くなる。
Natsu-ni naru to atsuku naru.
Sommer werden und warm werden.
Die Bedeutung: Das と funktioniert hier als Konditional, da es nur ein einziges Resultat zulässt. Wenn es Sommer wird, wird es warm. Egal, was passiert. Du kannst es auch metaphorisch als eine Übertreibung verwenden.
Ein Vergleich im Deutschen: Das mag abstrakt klingen, das liegt aber nur daran, dass du im Deutschen wohl am ehesten ein “wenn” als Konditional erwartest. Ein besserer Vergleich ist hier aber eine Satzbildung wie “Iss das und du wirst krank.”
Nutzung von と als “müssen”
と zum Ausdruck von Pflichten: Durch diese Funktion kannst du damit auch ein “Müssen” ausdrücken. Das geht mit der umgekehrten Form der erwünschten Handlung gefolgt von といけない. Auch das erklären dir Lehrbücher als eigene Funktion, aber es funktioniert durch die Verwendung von と als Konditional.
Beispiel: In den meisten Fällen wirst du es mit der negativen Form von Verben sehen, wie etwa bei 勉強しないといけない. Das heißt lokalisiert “Ich muss lernen”. Doch in Wirklichkeit sagst du nur “Nicht-lernen und nicht-gehen-können.” Diese Form wird auch sehr häufig abgekürzt, indem der Satz mit dem と endet. Ein positives Verb mit といけない siehst du seltener, aber es ist möglich. Etwa bei あなたの顔を忘れるといけないので写真を下さい。- “Dein Gesicht vergessen und nicht-gehen weil Foto bitte.”
Konditionale mit den Hilfsverben ば und れば
Die spezielle Bedeutung: Jede der einzelnen Methoden, eine derartige Bedingung auf Japanisch auszudrücken, hat ihre eigene spezifische Bedeutung. Während と eine unabdingbare Folge ausdrückt, nutzt du ば und れば für Hypothesen und Vermutungen.
Die Bildung: Du kannst es mit Verben und Adjektiven nutzen. Bei Godan-Verben nutzt du den e-Stamm mit dem Hilfsverb ば. Bei Ichidan fällt wie immer das る weg. Danach setzt du れば ans Ende. Bei Adjektiven hingegen entfernst du das い und nutzt das Hilfsverb ければ.
Beispiele:
- 買う (kau) – 買えば (kaeba)
- 聞く (kiku) – 聞けば (kikeba)
- 話す (hanasu) – 話せば (hanaseba)
- 持つ (motsu) – 持てば (moteba)
- 死ぬ (shinu) – 死ねば (shineba)
- 飛ぶ (tobu) – 飛べば (tobeba)
- 飲む (nomu) – 飲めば (nomeba)
- 取る (toru) – 取れば (toreba)
- 食べる (taberu) – 食べれば (tabereba)
Die Ausnahmen: Bei dem Konditionalhilfsverb gibt es keine Ausnahmen. Selbst する und くる werden hier komplett regulär gebildet. So bekommst du すれば und くれば. Das liegt daran, dass es im Kern Ichidan-Verben sind. Allerdings sind es die einzigen starken Ichidan-Verben, die ihren Vokal ändern können.
Formsystem bei Adjektiven: Bei der Kombinationen von Hilfsverben mit Adjektiven wird dir aufgefallen sein, dass die ihr い stets mit einem Kana aus der k-Reihe austauschen. Dadurch kannst du davon ausgehen, dass der e-Stamm von Adjektiven け ist.
Funktion als Konditional
れば und ば sind “falls”: Durch seine spezielle hypothetische Bedeutung kann das Hilfsverb niemals “wenn” heißen, sondern ist immer ein “Falls”. Denn du kannst nicht mit Sicherheit sagen, ob die jeweilige Situation wirklich eintreffen wird. Wenn du damit über Dinge in der Vergangenheit redest, geht das hingegen nur mit Situationen, die nicht eingetroffen sind. Denn andernfalls würdest du keine Hypothese mehr haben, sondern einen Fakt.
Häufige Nutzung: Deswegen wird diese Form auch besonders häufig genutzt. Am meisten wird sie dir wohl in der Form “どうすればいい?” auffallen. “Wie, wenn ich agiere, ist gut?” Hierbei sei auch angemerkt, dass du das häufig als “machen” oder “tun” lokalisierte する eher mit “agieren” übersetzen solltest, da es der eigentlichen Bedeutung näherkommt. Zudem siehst du die Form すればよかった oft. “Hätte ich agiert, wäre es gut gewesen.”
Ausdruck von Pflichten
Der Unterschied zu と: Wie auch と kannst du die Hilfsverben ば und れば für Pflichten verwenden. Diese Form wirkt weniger gezwungen als mit と, dafür aber authoritärer.
Die Nutzung: Da es im Japanisch kein “Müssen” gibt, nutzt du auch hier wieder das langgezogene “Wenn ich X nicht mache, geht es nicht” oder auch “ist es nicht gut”. Etwa 勉強しなければいけない. Aber es muss nicht immer ein いけない nach dem Konditional stehen. Auch andere Verben in Kombination mit dem ない. Etwa なければならない.
たら und なら
Den Abschluss machen die beiden sehr ähnlich klingenden Konditionale なら und たら.
So funktioniert たら
Konditionale mit たら: Die Bildung ist denkbar einfach. Du nutzt die Vergangenheitsform eines Verbs oder Adjektivs und setzt ら ran. Diese Bildung hat auch einen Grund. Denn mit diesem Konditional, redest du vorrangig über Vergangenes. Dann aber nicht mehr in der Funktion von “Falls”, sondern “Als”. Denn du weißt bereits, dass die Bedingung erfüllt wurde.
Die Bedeutung: Damit gibst du an, dass ein Ereignis in der Vergangenheit überraschend war, oder unerwartet kam. Etwa bei 家に帰ったら熊がいた! “Als ich nach Hause kam, war da ein Bär!” Das ist überraschend, weil der ja gar keinen Schlüssel hat, um die Tür zu öffnen.
Unterschied zu れば: Du kannst es natürlich auch nutzen, um über die Zukunft zu reden. Dann betont es stärker was passiert, wenn die Kondition erfüllt wird. Im Gegensatz zu れば, das den Fokus stärker auf das “falls” legt. Wenn du davon ausgehst, dass etwas eintreten wird, würdest du deswegen auch eher たら verwenden.
Erwähnung von Frust: Es gibt auch die Form ったら und ってば. Also mit einem kleinen っ vor dem Konditional. Das bedeutet dann so viel wie といったら oder といえば und heißt so viel wie “Wenn du davon redest”. Das drückt vor allem Frust und Kritik aus. Es wird verwendet, um etwa Personen zu kritisieren, nach dem Motto “Bei dieser Person ist das immer so!” kann aber auch verwendet werden wie “もう言ったってば!” was etwa so viel bedeutet wie “Das hab ich doch schon gesagt!”
Die Verwendung von なら
Die simpelste Nutzung: なら hängst du einfach so an auch immer das ran, was du zu einem Konditional machen willst. Das funktioniert mit Substantiven, aber auch vollständigen logischen Sätzen. Du benötigst auch keine Kopula, da なら die hypothetische Form von だ ist.
Die Besonderheiten: なら lässt keinerlei Zweifel zu und kann nicht nur für gegenwärtige, sondern auch zukünftige Situationen eingesetzt werden. Du würdest es etwa bei Sätzen nutzen wie “すみとなら出来る” was etwa “Wenn es Sakura ist, es ist möglich!” Du würdest es aber auch nutzen, um einfach nur etwas zu bestätigen. Wenn du etwa fragst 美術館はどこですか? könnte die Antwort lauten 美術館ならあそこです! was so viel heißt wie “Wenn es um das Kunstmuseum geht, da drüben!”
Im nächsten Kapitel geht es weiter mit dem Ende! Aber nicht mit dem Ende des Sprachkurses. Stattdessen geht es darum, wie du über das Ende von Aktionen sprichst und welche Bedeutung genau dabei übermittelt werden kann. Denn die typischen Erklärungen sind hier häufig mangelhaft.
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Ich bin der Betreiber von Kawaraban und beschäftige mich seit 2007 mit Japan und seiner Sprache.
Ich habe einen Bachelor of Arts in Japanologie erworben und ein Austauschstudium an der Senshu-Universität absolviert.
Seit 2018 lebe ich in Japan und berichte über das Land und mein Leben hier.
Eines meiner Ziele ist es, zukünftigen Generationen bessere Erklärungen zur Sprache zu bieten, als ich sie zur Verfügung hatte.
Julius says:
Ist ったら und ってば nur mit dem Verb 言う verwendbar ? Oder kann man das an jedes Verb hängen ?
(Btw. unter der Überschrift “Funktion als Konditional” steht “ばれ” und nicht “れば”:)