Japanischkurs
Die Basis des Sprachenlernens

Die Basis beim Lernen einer neuen Sprache

Ich höre oft von Japanischlernern, dass sie vor dem richtigen Lernen mit natürlichen Japanischen Werken erst einmal eine "Basis" aufbauen wollen. Das klingt natürlich erstmal ganz logisch ... bis man genauer darüber nachdenkt.

Was ist eine Basis?

Grammatik und Grundwortschatz: Die meisten verstehen unter einer "Basis" grundlegendes Grammatikwissen und zusätzlich dazu noch eine Art Wortschatz mit häufigen Vokabeln. Beides wollen sie komplett ohne Immersion im Voraus lernen.

Was hat hat einen Nutzen? Bei der Grammatik sehe ich darin durchaus noch eine gewisse Hilfe, die aber auch nicht unabdingbar ist und wohl einen Zeitaufwand von maximal einigen Tagen bedeutet. Beim Wortschatz hingegen beginnen die Probleme.

Was verstehen wir als Grundwortschatz?

Die Basisvokabeln: Beim grundlegenden Wortschatz werden sich die meisten wohl an einem vorgefertigten Deck entlanghangeln und erwarten dort gebräuchliche Wörter wie "Ich", "spielen", "kaufen" und ähnliche, sehr alltägliche Begriffe.

Was verstehen Kinder darunter? Im Vergleich dazu sehen wir uns mal an, welche Wörter Kinder als Basis lernen. Mein eigenes fing mit falsch ausgesprochenen Begriffen wie "Nana" (Banane), "Me" (Milch) und "Ampaman" (Anpanman) an. Dennoch befindet es sich derzeit auf einer recht effektiven Sprachreise, die es ihm erlauben wird, Japanisch und Deutsch als Muttersprache zu sprechen. Indem es sich sofort in die Immersion warf - anders geht es auch kaum.

Der fragwürdige Mehrwert

Ein Trugschluss: Die Hoffnung einer derartigen "Basis" ist es, dass man sich einfach direkt vor ein japanisches Werk setzen und das meiste verstehen kann. Und für dieses Ziel stellt man sich unnötige Hürden auf.

Der ineffizienteste Lernweg: Denn man kann sich dabei nur an vorgefertigten Listen und Karten entlanghangeln. Nur ist das gleichzeitig auch der ineffizienteste Weg überhaupt, sich einen neuen Wortschatz anzueignen. Weil der Kontext entweder komplett fehlt, oder nur sehr begrenzt vorhanden ist. Etwa mit nur einem Beispiel.

Das Resultat: Ich selbst lernte gute zehn Jahre lang nur mit Sprachkursen und den typischen Lehrbüchern und Apps. Man könnte also sagen, dass ich eine "gute Basis" hatte. Geholfen hat sie mir ... überhaupt nicht. Als ich mein erstes japanisches Kinderbuch nahm und nur versuchte, den ersten Satz zu lesen, wurde ich sofort demotiviert. Denn ich verstand so gut wie gar nichts. Nur den typischen Standard von "Hier und da mal ein Wort." Zehn Jahre verschwendet gehabt. Super! Die Wahrheit zu diesem Zeitpunkt war: Ich fing gerade erst mit dem Lernen an.

Was lernst du wirklich als "Basis"?

Dein Ziel und Weg ist individuell: Ein wichtiger Punkt, den du hierbei bedenken solltest, ist, dass dein Lernweg absolut individuell ist. Wir alle lernen von Prinzip her gleich. Aber welche Werke du dir ansiehst und damit auch welche Wörter du brauchst, ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Wenn du jeden Tag acht Stunden Fußball spielst, brauchst du andere Wörter sehr häufig als jemand, der sich jeden Tag acht Stunden um seinen Garten kümmert.

Was steckt in einem Deck? Wenn du dir vorgefertigte Vokabeldecks holst, orientieren die sich bei den Häufigkeitsangaben immer nach einem bestimmten Korpus - also einer Sammlung von Schriften und Texten. Doch im Regelfall weißt du nicht, welche als Grundlage dienen. Waren es Zeitungen? Netflix? Manga? Welche? Von wann?

Probleme und der wahre Wert dahinter

Ein Beispiel: Und dann siehst du vielleicht, dass ein Wort wie 理論 (riron, dt. Theorie) auf Netflix eine Häufigkeit von 4 / 5 hat. Also sehr oft vorkommt.

Das Problem: Mit einer derartigen Häufigkeit würde es bei vielen wohl als "Basiswort" durchgehen. Doch auf Netflix findest du Serien aller möglicher Genres. Darauf basiert auch die Häufigkeitsliste. Bei Scifi-Filmen mag dir das Wort durchaus oft begegnen. Doch was, wenn du eher Mittelalter-Serien ansiehst? Dann prügelst du dir ein Wort ein, das du so gut wie nie brauchst.

Wie hilft dir dieser Wert dann? Eine entsprechende Angabe hat nur dann einen Nutzen für dich, wenn du eigene Vokabelkarten erstellst. Dann kann er dir beim Aussortieren behilflich sein. Denn hier siehst du dir Werke an, die dich interessieren und triffst damit bereits unbewusst eine Vorauswahl.

Die Hilfe: Wenn du jetzt auf Wort mit einer 4/5 stößt, dann wirst du es wahrscheinlich häufiger sehen und gezieltes Lernen kann lohnen. Bei einem mit einer 1 kannst du dir hingegen eher sagen, dass es den Aufwand nicht wert ist, da es zu selten ist.

Was du als Anfänger wirklich brauchst

"i+1" ist das Zauberwort: In Wirklichkeit solltest du statt diversen "Basisdecks" viel eher Werke mit Sätzen suchen, in denen du nur eine einzige Vokabel nicht kennst. Die nennt man auch i+1-Sätze. Das gilt nicht nur für Anfänger.

Lernen wie ein Kind: Wenn du gerade mit dem Lernen angefangen hast und noch kein Wort kennst, findest du derartige Sätze am ehesten in Kinderbüchern, die sich an sich durch eine geringere Anzahl einzigartiger Wörter auszeichnen. Entsprechend sind diese ein besserer Einstieg als ein vorgefertigtes Deck. Im Fall von Japanisch empfehle ich immer die Webseite Tadoku, um einige kostenlos zu finden.

Keine Pflicht, aber effektiv: Derartige Sätze solltest du aber nicht als Pflicht ansehen. Du lernst mit ihnen nur besonders effektiv. Nun kann die Motivation, ein komplexeres Werk in deiner Zielsprache zu verstehen, aber größer sein als die, eines mit i+1-Sätzen durchzugehen. Ein potentiell größerer Nutzen: Denn ohne Motivation würdest du komplett aufhören, zu lernen.

Kollateralhilfe und Träume

Es ist natürlich nicht so, dass du mit dem Auswendiglernen vorgefertigter Decks gar nix lernst. Irgendwas wird hängenbleiben. Es wird nur länger dauern, als wenn du die Wörter direkt während der Immersion sehen würdest.

Gleichzeitig würdest du die Immersion aufschieben und auch mehr Zeit damit verbringen, dich durch quasi nutzlose Begriffe zu wühlen. Und je mehr Wörter derartige Decks umfassen, umso größer wird das Problem.

Der Gedanke, nach vielen Lernen einer Basis sofort ein japanisches Buch zu öffnen, nur noch wenig nachschlagen zu müssen und sonst alles zu verstehen, ist ein unerreichbarer Traum.

Deswegen ist mein Rat: Spar dir vorgefertigte Decks und erstelle von Anfang an deine eigenen basierend auf den Wörtern, denen du begegnest. Dabei helfen Programme wie Migaku, das eine bequeme Allgemeinlösung ist, oder eine Kombination aus Anki, Yomitan und einem weiteren Programm je nach Medium.

Mit beiden Methoden kannst du die Bedeutung von Wörtern mit einem Klick nachschlagen und bekommst mit einigen weiteren sehr nützliche Vokabelkarten direkt aus einem Werk, das du dir gerade ansiehst, weil es dich interessiert.

Wie du auf diese Art und Weise lernst

Wenn du diese Art und Weise, zu lernen, noch nicht kennst, dann empfehle ich dir, einen Blick in meinen großen Japanischkurs zu werfen. Der enthält auch einige Informationen, die du für sämtliche Sprachen umsetzen kannst!

Profilbild von Mathias Dietrich

Ich bin der Betreiber von Kawaraban und beschäftige mich seit 2007 mit Japan und seiner Sprache.

Ich habe einen Bachelor of Arts in Japanologie erworben und ein Austauschstudium an der Senshu-Universität absolviert.

Seit 2018 lebe ich in Japan und berichte über das Land und mein Leben hier.

Eines meiner Ziele ist es, zukünftigen Generationen bessere Erklärungen zur Sprache zu bieten, als ich sie zur Verfügung hatte.

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

    ©
    2024