Japanischkurs
Anime vs Lehrbuch

Anime-Japanisch ist unnatürlich? Gleiches gilt für Lehrbücher!

Wenn es darum geht, Japanisch zu lernen, dann hört man sehr oft, dass das Japanisch in Anime und Manga unnatürlich sei. Das mag nicht ganz unkorrekt sein. Allerdings gilt gleiches auch für Lehrbücher. Jedoch haben erstere einen Vorteil, der letzteren fehlt: Sie wurden von Muttersprachlern für Muttersprachler verfasst.

Wer in klassische Japanischkurse geht, lernt im Regelfall mit Werken wie Minna No Nihongo, Genki, Japanisch Schritt für Schritt oder ähnlichen Büchern und glaubt, damit absolut natürliches und gebräuchliches Japanisch zu lernen. Was natürlich viel besser ist, als das Japanisch, das in Anime vorkommt. Allerdings ist das ein Trugschluss.

Es gibt keine perfekte Sprache: Ursache dieses Gedanken ist allen voran die Annahme, dass es eine Art perfektes Japanisch gibt. Aber dem ist nicht so. Genauso, wie es kein perfektes Deutsch oder Englisch gibt. In jeder Situation redet man anders. Wer mit seinen Freunden wie ein Nachrichtensprecher redet, wird wahrscheinlich auch dumm angeguckt werden.

Das Problem der typischen Lehrbücher

Westler als Zielgruppe: Lehrbücher wenden sich explizit an eine Zielgruppe, die Japanisch nicht kann. Und in der Annahme, dass diverse Dinge zu schwer zu verstehen sein könnten, werden viele Formulierungen mit ihrem Pendant im Westen gleichgestellt. Selbst, wenn das auf Japanisch unnatürlich klingen sollte.

Lehrbuch-Japanisch ist unnatürlich! Das geschieht bereits bei dem ersten japanischen Satz, den du in den meisten Lehrbücher sehen wirst: “私はNameです。” als Vorstellung. In meinem kostenlosen Sprachkurs habe ich der Begrüßung auf Japanisch ein ganzes Kapitel gewidmet. Denn die genannte Phrase mag zwar grammatisch richtig sein, wirkt auf Japaner aber sehr ausländerhaft. Muttersprachler verwenden sie nie.

Japaner kritisieren Lehrbücher: Die im Westen verwendeten Lehrbücher werden gar in Japan selbst kritisiert. Es gibt komplette wissenschaftliche Arbeiten, die sich mit dem Thema beschäftigt haben und zahlreiche unnatürliche Formulierungen aufzeigen. Denn es gibt viele Beispiele, in denen ein Japaner Aussagen aus dem Lehrbuch komplett anders aufnehmen würde, als es das Buch beibringt.

Ein Argument für Anime und Co.

Von Japanern für Japaner: Im Gegensatz zu Lehrbüchern wurden Anime und ähnliches von Japanern für andere Japaner geschaffen. Entsprechend verwenden sie hier ganz einfach nur die Sprache, die sie seit ihrer Geburt an gelernt haben. Ganz ohne darüber nachzudenken, ob es für einen Westler verständlich wäre oder nicht.

Wie in Anime redet man nicht immer: Das heißt nicht, dass sich Japaner im Alltag stets exakt so wie in Anime unterhalten. Es gibt durchaus viele überspitzte Formulierungen. Gleiches gilt ja auch für den Westen. Wer hier versucht, flotte Sprüche wie ein Film-Star rauszuhauen, wird wohl auch eher ausgelacht. Aber das bedeutet nicht, dass in Filmen eine komplett andere Sprache genutzt wird.

Nicht alle Gespräche sind gleich: In Unterhaltungsmedien folgen auch nicht alle Gespräche dem selben Muster. In einem Persona 5 beispielsweise gibt es genauso abgedrehte Situationen, wie es einfache Nachrichtensendungen gibt und auch normale Gespräche zwischen Erwachsenen. Man kann die in derartigen Werken verwendete Sprache also sowieso nicht allgemein in eine Schublade stecken. da sie sich je nach der dargestellten Situation ändert.

Wie solltest du also Japanisch lernen?

Nutze japanische Quellen: Entsprechend macht es wesentlich mehr Sinn, jene Quellen zu nutzen, bei deren Erstellung Japaner nicht darauf abzielen, für Westler verständlich zu sein.

Der große Vorteil: Du kannst also aus Anime und Manga eher natürliches Japanisch lernen, als aus einem Lehrbuch. Und die Kritik, Anime nutzen kein natürliches Japanisch, ist unangebracht. Denn es ist wie zu behaupten, dass etwa die Cartoons, mit denen du ausgewachsen bist, kein natürliches Deutsch verwendet haben.

Der Nachteil von Tandem: Das lohnt oftmals gar mehr, als richtige Gespräche mit Japanern. Denn ein Tandem-Partner etwa kann sich auf dein Sprachniveau einstellen und simplere, oder für dich einfacher verständliche Formulierungen verwenden. Damit nehmen sie dir die Last, natürliches Japanisch verstehen zu müssen. Ein Unterhaltungsmedium wie etwa ein Podcast oder ein Buch hingegen kann das nicht tun. Hier bist du gefordert, dein eigenes Japanisch zu verbessern, um den Inhalt zu verstehen.

Der Weg zum Muttersprach-Niveau: Die Aneignung einer Sprache ist allgemein ein langer Weg. Und um herauszufinden, wie du in bestimmten Situationen reden solltest, benötigst du viel Erfahrung. Teilweise wirst du die aus Unterhaltungsmedien bekommen. Die japanische Jugend bekommt es ähnlich mit. Teilweise wirst du die Erfahrung erst dann machen, wenn du wirklich in derartige Situationen gerätst. Und bis du genau weißt, welche Formulierung du wann nutzen solltest, wirst du selbstverständlich sehr viele Fehler machen.

Wenn du wissen willst, wie du am besten mit der Immersion japanischer Medien lernen kannst, wirf am besten einen Blick in meinen großen kostenlosen Guide zum Japanisch lernen:

Profilbild von Mathias Dietrich

Ich bin der Betreiber von Kawaraban und beschäftige mich seit 2007 mit Japan und seiner Sprache.

Ich habe einen Bachelor of Arts in Japanologie erworben und ein Austauschstudium an der Senshu-Universität absolviert.

Seit 2018 lebe ich in Japan und berichte über das Land und mein Leben hier.

Eines meiner Ziele ist es, zukünftigen Generationen bessere Erklärungen zur Sprache zu bieten, als ich sie zur Verfügung hatte.

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