Japanischkurs
Beginn der Sprachreise

Wie wir Sprachen wirklich lernen

Wenn du meinem Leitfaden bis hierher gefolgt bist, hast du die ersten Vorbereitungen getroffen, um Japanisch zu lernen. Aber bevor du loslegen kannst, musst du meine Lernmethode verstehen und wissen, wie Menschen Sprachen allgemein lernen. Entsprechend kannst du hier auch wichtige Informationen für andere Fremdsprachen erhalten.

Ich gehe nämlich ganz anders vor, als du es vielleicht von Lehrbüchern oder Sprachkursen gewohnt bist. Lehrbücher zu wälzen und zu pauken, hat damit nur wenig zu tun und ist bestenfalls unterstützend. Denn das allein wird dich aber niemals auf ein Niveau bringen, auf dem du die Sprache auf natürliche Weise verstehen und anwenden kannst.

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Die Kernidee beim Sprache lernen

Der Schulunterricht holt auf: Mittlerweile ist es durchaus der Fall, dass einige den richtigen Spracherwerbsprozess im Pflichtunterricht der Schule erfahren. Aber nicht alle Lerner haben dieses Glück und einige vergessen es womöglich, wenn sie sehen, wie Sprachkurse noch viel zu gerne an Universitäten, Volkshochschulen oder bei diversen Privatpersonen aufgebaut sind. Vielleicht ist dir aber auch gar nicht bewusst, welche Idee Lehrer etwa im modernen Englischunterricht verfolgen. Zudem tauchen bei Japanisch einige Besonderheiten auf, mit denen du umgehen können musst.

Nutze die Sprache, um sie zu lernen. Das Schlüsselkonzept nennt sich Immersion, von der du in meinen Artikeln immer wieder lesen wirst. Die basieret auf der Theorie des Linguisten Stephen Krashen. Statt dich mit Fachbegriffen zu überhäufen, hier Krashens eigene prägnante Zusammenfassung:

Wir lernen Sprache auf eine Art und nur eine Art: Wenn wir Botschaften verstehen.

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So entwickelst du ein Sprachgefühl

Wie gehst du nun vor, um ein natürliches Sprachgefühl zu entwickeln? Solltest du Lehrbücher wälzen, Grammatikregeln verinnerlichen und stundenlang Vokabeln pauken? Nein. Natürlich musst du üben, aber das machst du nicht durch Lückentexte. Eine Sprache zu üben bedeutet, sie zu lesen und zu hören. Der häufige Irrtum besteht darin zu glauben, man müsse alles auswendig lernen, bevor man die Sprache verstehen kann. Wäre das der Fall, könnte keiner von uns jemals eine Sprache erlernen.

Denn es wäre, als würdest du versuchen, Fahrradfahren durch das Lesen der Bedienungsanleitung zu erlernen. Verständnis kannst du aber auch durch Kontext oder mithilfe eines Wörterbuchs erreichen. Das Wichtigste ist, dich mit möglichst viel Japanisch zu umgeben und aktiv zu verstehen, was du liest und hörst.

Denn du kannst Eine Botschaft auf viele Arten verstehen! Kontext spielt etwa eine wichtige Rolle, aber auch ein Wörterbuch kann dir helfen. Letztendlich ist das Wichtigste, dass du so viel Japanisch wie möglich um dich hast. Dann beginnst du mit Lesen und Hören zu lernen, wie sie verwendet wird. Dabei solltest du dich aber nicht berieseln lassen. Denn du lernst nur, wenn du die Botschaft verstehst.

Hat dir schon einmal jemand gesagt: “Erst im Ausland habe ich die Sprache richtig gelernt”? Diese Person hatte jahrelang falsch gelernt, hatte aber das Glück, diesen Fehler zu korrigieren, als sie in ein Umfeld kam, in dem sie die Sprache brauchte.

Solche Erfahrungen werden jedoch seltener: Technologische Fortschritte wie automatische Übersetzer und die zunehmende Ausländerfreundlichkeit Japans erschweren das Erlernen der Sprache ungemein. Selbst in Japan ist man oft nicht mehr darauf angewiesen, Japanisch zu verstehen und zu sprechen, um sich zurechtzufinden. Das bedeutet, dass du in Zukunft selbst als Auswanderer noch viel bewusster an die Immersion herangehen musst. Du bekommst sie nur noch, wenn du sie aktiv suchst.

Verlass dich nicht auf deine Muttersprache! Zu diesem Thema schrieb ich bereits eine Kolumne. Denn letztendlich solltest du nicht übersetzen, sondern Gedanken direkt in deinem Kopf bilden, wenn du Japanisch hörst, oder sprechen willst. Deine Muttersprache ist ein Hilfsmittel, das dir den Einstieg am Anfang erleichtert, von dem du dich aber so früh wie möglich trennen solltest. Das folgende bild verdeutlicht die Idee dahinter:

Wie du eine Fremdsprache lernst
Wenn du eine neue Sprache lernst, solltest du keine Übersetzung suchen. Du solltest ein neues Wort für ein Ding lernen.

Lernen Erwachsene und Kinder anders?

Lerne eine gesamte Sprache wie ein neues Wort! Denk an “ChatGPT”. Als du es zum ersten Mal sahst, war es nur eine Reihe von Buchstaben ohne Bedeutung. Du musstest erst herausfinden, was es bedeutet. Beim Sprachenlernen machst du im Grunde dasselbe, nur mit vielen Wörtern und Sätzen. Du gehst dabei vor wie ein Kleinkind. Denn diese Fähigkeit, Sprache wie ein Kind zu lernen, verlieren wir nie. Dr. J. Marvin Brown entdeckte, dass wir mit zunehmendem Alter lediglich in andere Umgebungen kommen und Sprache anders nutzen.

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Tatsächlich lernen wir alle Sprachen auf die gleiche Art und Weise: Es gibt schlichtweg keine Alternative zu dem Weg, den auch Kinder erfahren. Und auch die oft erwähnte Theorie der verschiedenen Lerntypen ist nichts weiter als ein Mythos der wissenschaftlich immer wieder entkräftet wurde. Trotzdem gehen Erwachsene aufgrund solcher Annahmen oft anders an das Sprachenlernen heran. Das Ergebnis sieht man an den vielen Menschen die trotz jahrelangen Lernens die Zielsprache nie wirklich beherrschen

Was unterscheidet Erwachsene beim Sprachenlernen von Kindern? Klar, du hast nicht mehr den Vorteil ständiger Betreuung wie ein Kind, das pausenlos Erklärungen und Benennungen für alles um sich herum bekommt. Aber dafür hast du andere Möglichkeiten. Du kannst deinen Nachteil ausgleichen, indem du auf verschiedene Hilfsmittel zurückgreifst, die deinen Lernprozess beschleunigen. Ein Kind braucht ungefähr sechs Jahre, um eine Sprache fließend zu sprechen. Du hingegen kannst in nur einem Jahr den JLPT N1, die höchste Stufe des populärsten Japanischtests, erreichen.

Wie lange du tatsächlich brauchst, hängt davon ab, wie viel du täglich in die Sprache eintauchst. Du musst jedoch zwischen zwei verschiedenen Aspekten der Sprache unterscheiden.

Die zwei Gebiete des Sprachenlernens

Beim Erwerb einer Sprache unterscheiden wir zwei Hauptbereiche: Input und Output. Input bezieht sich auf alle Situationen, in denen du Japanisch passiv aufnimmst, ohne es selbst zu produzieren. Dazu gehören Aktivitäten wie Lesen und Hören. Output hingegen umfasst die aktive Anwendung der Sprache, also wenn du selbst japanische Sätze bildest. Dies geschieht hauptsächlich durch Schreiben und Sprechen.

Sei vorsichtig mit dem zu frühen Output! Viele Lerner sind ungeduldig und wollen schnell schreiben, sprechen und mit anderen auf Japanisch kommunizieren. Auch Sprachkurse ermutigen oft schon früh dazu, die Sprache aktiv anzuwenden. Das kann jedoch kontraproduktiv sein. Der Grund: Man neigt dazu, Gedanken in der Muttersprache zu formulieren und sie dann wörtlich zu übersetzen. Das führt häufig zu Problemen, da viele Ausdrücke in einer Fremdsprache ganz anders gebildet werden. Zudem bringt dir der beste Output nichts, wenn du mit dem darauf folgenden Input nicht umgehen kannst.

Ein gutes Beispiel dafür sind die japanischen Verben 行く (iku, “gehen”) und 来る (kuru, “kommen”). Im Deutschen sagst du “Ich komme zu dir”. Das würde im Japanischen jedoch seltsam klingen. Stattdessen sagt man dort “Ich gehe zu dir”. Aber woher sollst du das wissen? Die Antwort ist Input. Du sammelst zunächst viele Erfahrungen mit der Sprache und verwendest später einfach das, was du gehört und gelesen hast.

Sprechen hat Zeit! Deshalb solltest du zu Beginn deiner Sprachreise erst einmal beobachten. Achte darauf, wann Muttersprachler was sagen. Du versuchst also, dich wieder in die Rolle des Kindes zu versetzen. Wie gesagt, als Erwachsener ist das nicht ganz möglich, da du anders behandelt wirst und dich meistens nicht in einer rein japanischen Umgebung befindest. Aber du kannst versuchen, so nah wie möglich daran zu kommen und die Tatsache zu nutzen, dass dir mehr Hilfsmittel zur Verfügung stehen als einem Kind.

Aber wie funktioniert das nun genau? Diese Frage beantworte ich dir im nächsten Artikel, in dem ich die verschiedenen Methoden der Immersion im Detail erläutere. Gerade Japanisch hat schließlich mit den Kanji eine ganz besondere Hürde.

Profilbild von Mathias Dietrich

Ich bin der Betreiber von Kawaraban und beschäftige mich seit 2007 mit Japan und seiner Sprache.

Ich habe einen Bachelor of Arts in Japanologie erworben und ein Austauschstudium an der Senshu-Universität absolviert.

Seit 2018 lebe ich in Japan und berichte über das Land und mein Leben hier.

Eines meiner Ziele ist es, zukünftigen Generationen bessere Erklärungen zur Sprache zu bieten, als ich sie zur Verfügung hatte.

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