Immer und immer wieder fragen Leute, wie man Japanisch lernen kann. Und immer und immer wieder sieht man, wie Duolingo empfohlen wird. Ich rate an sich immer und immer wieder von einschlägen All-in-One Apps ab, die behaupten, sie können einem alleine Japanisch beibringen. Doch Duolingo ist die schlimmste von allen!
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Der Lernablauf von Duolingo
Duolingo lehrt kontextlos. Du lernst als allererstes einfach nur einfach Wörter und Sätze aus dem Bereich Essen. Später folgen weitere Gebiete. Kontext wie etwa wenigstens eine Restaurant-Szene gibt es nicht. Das macht das lernen wesentlich umständlicher, da wir uns Sprache am besten aneignen, wenn wir sie im Zusammenhang sehen und so auch Emotionen zu den Wörtern aufbauen können.
Etwas versteckt gibt es im Verlauf der Kurse gibt es auch einige Geschichten. Hier siehst du sehr kurze Gespräche auf Japanisch und kannst dabei unbekannte Wörter nachschlagen. Doch die sind nicht nur recht unnatürlich, sondern werden auch immer wieder durch Lückentextaufgaben oder Fragen unterbrochen. Die wichtigste Sache zum lernen einer Sprache ist also nur bedürftig vorhanden.
Alle Fragen setzen auf eine Art des Multiple-Choice. Du hast also immer Auswahlmöglichkeiten und lernst dadurch letztendlich nicht viel. Denn es ist allein durch das Ausschlussverfahren problemlos möglich, hier zu den richtigen Ergebnissen zu kommen. Und beim Übersetzen von Japanisch zu Englisch lässt sich die Lösung deswegen gar finden, ohne den japanischen Satz überhaupt zu lesen.
Schnell erkennbare Probleme
Duolingo kann aber gar direkt schaden. Denn es fordert dich immer wieder dazu auf, selbst Sätze basierend auf Blöcken zu bilden. So früh im Lernvorgang ist das aber schädlich und sorgt langfristig dafür, dass du in Gedanken stets an deiner Muttersprache festhältst und die Fremdsprache deswegen nur gebrochen sprechen kannst.
Die Grammatik ist optional. Das ist an sich kein Problem, da sie sowieso sekundär ist. Doch Duolingo erklärt sie basierend auf den klassischen Lehrbüchern, und nicht basierend auf der echten japanischen Grammatik. Das macht sie übermäßig kompliziert. Dazu kürzt es die Erklärungen oft so stark, dass sie komplett falsch oder irreführend sind.
Zum Wörter lernen nutzt es ein SRS-System. Wenn du Vokabeln wiederholst, siehst du jene, die du öfter falsch hattest, häufiger. Allerdings nutzt man hier den eigens entwickelten HLR-Algorithmus, statt auf bessere etablierte Methoden wie SM2 oder FSRS zu setzen. Denn der Algorithmus von Duolingo ist stark vereinfacht. Dadurch verbringst du mehr Zeit mit derartigen Wiederholungen, als wirklich hilfreich ist.
Zudem hast du nicht einmal normale Karteikarten. Du musst dich hier nicht frei erinnern. Du bekommst auch hier über Multiple-Choice eine Vorauswahl an möglichen Antworten.
Die Monetarisierung schlägt zu
Duolingo lässt sich zwar gratis nutzen, ist aber stark monetarisiert. Allen voran wirst du als kostenloser Nutzer sehr oft von langwierigen Werbeeinblendungen unterbrochen. Darüber hinaus stellt es aber gar deinen Lernfortschritt hinter eine Bezahlschranke.
Dafür sorgt das Herzsystem: Wenn du Fehler machst, verlierst du Herzen. Hast du keine mehr, kannst du nicht mehr lernen. Gerade als Anfänger sind Fehler aber normal. Doch Duolingo bestraft dich dafür - außer du zahlst. Du kannst Herzen mit kostenpflichtigen Diamanten wieder auffüllen, oder indem du ein Super-Abo abschließt. Erstere lassen sich zwar auch durch das Erfüllen von Aufgaben kostenlos erhalten, allerdings nur begrenzt.
Falsche Versprechen
Ein wenig Japanisch bekommst du bei Duolingo durchaus mit. Allerdings hat das einen hohen Preis, den die meisten Nutzer wahrscheinlich nicht einmal bemerken werden. Wirkt der Lernablauf in Duolingo doch sehr ähnlich wie das, was man in den meisten Kursen bekommt.
Doch man kann falsch lernen! Duolingo verschwendet nicht nur viel deiner wertvollen Zeit, es wird dir aktiv Probleme beim Lernen von Japanisch bereiten. Ich habe selbst Erfahrungen damit. Denn der Lernablauf ist sehr ineffizient. Auch, wenn du als Nutzer am Anfang vielleicht ein anderes Bild bekommst, führt die App auf Dauer nicht zu Sprachkenntnissen.
Spaß wie ein Pay2Win-Spiel!
Duolingo macht Spaß! Das höre ich oft. Nutzer berichten von ihrem positiven ersten Eindruck. Aber worauf beruht der? Ja, es macht Spaß. Es macht Spaß zu sehen, wie man in einer Highscore-Liste immer weiter nach oben klettert. Es macht Spaß zu sehen, wie man Erfahrungspunkte sammelt und aufsteigt. Und all die tollen Effekte, die du bekommst, wenn du eine Aufgabe löst! Duolingo soll Spaß machen. Das ist das Hauptziel.
Dabei nutzt es die gleichen psychologischen Tricks, die auch Free2Play-Spiele erfolgreich einsetzen, um zum Kauf von Mikrotransaktionen zu animieren. Wer Duolingo nutzt, hat ein gutes Gefühl, was sich auch in Weiterempfehlungen niederschlägt. Dieses gute Gefühl lässt sich aber nicht mit Lernfortschritt gleichsetzen.
Übermäßiges positives Feedback kann also dazu verwendet werden, die Spieler in die Irre zu führen und ihnen die Illusion zu vermitteln, dass sie etwas Sinnvolles leisten.
Exploitative Game Design: Beyond the F2P Debate
So erreichst du die Highscore! Die Jagd nach der Highscore bei Duolingo ist an sich schon ein bisschen fragwürdig. Irgendwie ist jeder immer unter den ersten drei. Und dass man die einfachsten Level farmen kann, um aufzusteigen, sollte eigentlich nicht Sinn der Sache sein. Außerdem gibt es Bots, die einem das lästige Lernen abnehmen. Wie zum Beispiel diese praktische Autolingo-Erweiterung für deinen Browser. Und ja. Ich verlinke sie hier absichtlich, um sie zu verbreiten, damit mehr Leute erkennen, wie wenig diese Highscore wert ist.
Nun, es ist ja nicht schlimm, wenn einem so etwas Spaß macht. Als Menschen sind wir geradezu darauf programmiert, immer größer werdenden Zahlen nachzujagen. Und wenn man nebenbei lernen kann, wäre das ja etwas gutes.
Lernen mit Spielen geht nur wesentlich einfacher. Denn dafür musst du einfach nur ein japanisches Spiel spielen und nebenbei alle unbekannten Wörter nachschlagen - dabei gehen auch Spiele für Kinder, die einfachere Sprache nutzen. Duolingo hat mit den Stories zwar einen Ansatz dessen, aber konzentriert sich nicht genug darauf und verwässert ihn mit Dingen wie schlechter Aussprache und Übungsaufgaben, die nur aufhalten, aber deine Sprachfähigkeiten nicht voranbringen.
Duolingo bringt dir nichts bei
Es ist kein Lernfortschritt: Dass es bei Duolingo nicht funktioniert, wurde bereits wissenschaftlich untersucht.
Die Studenten fanden es auch schwierig, ihre Duolingo-Lernfortschritte in Bezug auf die reale Sprachverwendung zu interpretieren und hatten das Gefühl, dass ihre Sprachkenntnisse außerhalb der Anwendungsaufgaben nicht ausreichend waren.
Gamification in mobile-assisted language learning: a systematic review of Duolingo literature from public release of 2012 to early 2020
Denn die App ist nicht dazu gedacht, dir eine Sprache beizubringen, sondern dich bei der Stange zu halten. Das zeigen auch die mehr als aufdringlichen E-Mails, die Duolingo dir schickt, wenn du es wagst, es eine Weile nicht zu starten.
Lernen wie mit Untertiteln: Es gibt aber auch generelle Kritik an der Art und Weise, wie Duolingo unterrichten will. Es funktioniert einfach nicht. Weil du nicht siehst, wie japanische Sätze aufgebaut sind. Du bekommst einen japanischen Satz und dazu kommentarlos eine Lokalisierung, die auf Englisch oder Deutsch gut klingt. Du siehst aber nicht, wie die Wörter diese Bedeutung erreichen. Wenn diese Methode funktionieren würde, könnte jeder, der sich Anime mit englischen bzw. deutschen Untertiteln ansieht, die Sprache fließend sprechen. Dass dem nicht so ist, muss ich wohl nicht erklären.
Deswegen klappt es nicht
Universitärer Nachweis: Dass das nicht klappt, erklärten Wolfgang Butzkamm & John A. W. Caldwell, die basierend auf der Theorie von Stephen Krashen die Doppel-Input-Hypothese entwarfen: Um sich eine Sprache anzueignen, muss man Botschaften in ihr verstehen und auch die einzelnen Wörter, aus denen sich eine Botschaft zusammensetzt.
Kulturelle Unterschiede: Denn im Japanischen erreicht man viele Bedeutungen mit einem ganz anderen Satzbau und ganz anderen Wörtern als im Deutschen oder Englischen. Ein einfaches Beispiel: "喧嘩を売る" (Kenka wo uru) bedeutet lokalisiert "Streit suchen". Und Duolingo würde dir das auch so anzeigen. Aber auf Japanisch sagst du nicht "Streit suchen". Wörtlich übersetzt sagst du "Streit verkaufen". Würdest du aber nur sehen, dass "喧嘩を売る" (Kenka wo uru) "Streit suchen" bedeutet, würdest du denken, dass 売る (uru) "suchen" bedeutet.
Und das ist nur ein einfaches Beispiel! Bei komplexeren würdest du kein Wort des japanischen Satzes mehr in der Lokalisation finden. Das würde bedeuten, dass du jeden möglichen japanischen Satz, den du jemals bilden kannst, inklusive Lokalisation auswendig lernen müsstest. Das ist natürlich nicht machbar.
Bei einer Sprache, die der eigenen Muttersprache sehr viel ähnlicher ist, kann man damit noch einigermaßen erfolgreich sein. Bei einer Sprache wie Japanisch bricht dieses System jedoch völlig zusammen.
"Aber ich lerne ja was!"
Aber Hiragana und Katakana! Und ja. Viele Leute lernen Hiragana und Katakana mit Duolingo. Aber an sich kann man beim Lernen der Kana nicht viel falsch machen. Und auch hier ist die Duolingo-Methode mit den Multiple-Choice-Aufgaben nicht der beste oder schnellste Weg. Schon ganz normale, klassische Vokabelkarten ohne Lösungshinweise schlagen die App in Sachen Effizienz.
Es ist unnatürliches Japanisch: Und da sind wir noch gar nicht bei dem Problem angelangt, dass die in Duolingo verwendeten Beispiele oft sehr unnatürlich klingen. Rezensionen von Japanern zu diesem Thema sind leicht auf Youtube zu finden:
Das größte Problem: Die Bekanntheit
Ein Teufelskreis: Viele der hier angesprochenen Probleme treffen auf sehr viele Apps zu. Aber Duolingo ist die bekannteste Sprachlern-App. Jeder kennt sie. Jeder stolpert irgendwie darüber und sehr viele nutzen es dann auch. Es ist quasi eine der ersten Anlaufstellen für jeden, der irgendeine Sprache lernen will. Dann wird es aufgrund der bereits erwähnten psychologischen Tricks unreflektiert weiterempfohlen, ohne die tatsächlich erworbenen Sprachkenntnisse zu berücksichtigen, und der Teufelskreis geht weiter.
Um es mal zusammenzufassen: Eine Sprachlern-App wird empfohlen, weil sie Spaß macht und nicht, weil die Nutzer mit ihr ein gutes Sprachniveau erreichen.
Das traurige Ergebnis
Frustrierte Resignation: Das Ergebnis sind viele Lerner, die ihre anfängliche Motivation komplett in der App verlieren und nach Jahren zwar tolle Statistiken in Duolingo vorweisen können, aber niemals Sprachkenntnisse. Ich habe jedenfalls noch nie jemanden getroffen, der die App benutzt hat und sagen konnte: "Ich kann Japanisch!" Was ich jedoch oft sehe, sind Leute, die ihre Streaks von zwei, drei oder mehr Jahren posten, aber dann nur ein sehr niedriges Sprachniveau zeigen.
Duolingo schnappt sich also motivierte Anfänger, verspricht ihnen Sprachkenntnisse und sorgt am Ende mit schlechten Lernmethoden dafür, dass hochmotivierte Menschen ein interessantes Hobby aufgeben, die Schuld aber nicht bei der App, sondern bei sich selbst suchen und dadurch auch keinen weiteren Versuch mit anderen Methoden starten.
Kein seriöser Lerner empfiehlt Duolingo: Und gerade wenn man sich die effektiven Sprecher ansieht, fällt etwas auf. Nicht einer von ihnen empfiehlt Duolingo. Es wird höchstens belächelt. Und das gilt nicht nur für Japanisch.
Was Japanisch-Apps taugen
Ich habe bereits eine ganze Reihe an Japanisch-Apps getestet! Eine Liste meiner Reviews, findest du mit einem Klick auf den abschließenden grünen Button! Zudem findest du darüber auch meinen Artikel mit den besten Apps, die dir beim Sprache lernen wirklich weiterhelfen!

Ich bin der Betreiber von Kawaraban und beschäftige mich seit 2007 mit Japan und seiner Sprache.
Ich habe einen Bachelor of Arts in Japanologie erworben und ein Austauschstudium an der Senshu-Universität absolviert.
Seit 2018 lebe ich in Japan und berichte über das Land und mein Leben hier.
Eines meiner Ziele ist es, zukünftigen Generationen bessere Erklärungen zur Sprache zu bieten, als ich sie zur Verfügung hatte.