Über die Jahre fällt mir immer wieder auf, welchen extremen Aufwand Japanischlerner betreiben, nur um nicht wirklich lernen zu müssen. Er ist so extrem, das eigentliche Lernen wäre wesentlich einfacher.
Immer wieder erkläre ich Lernern, wie einfach Japanisch lernen sein kann. Im Grunde lässt sich meine gesamte Webseite auf einen einzigen Ratschlag reduzieren: 'Lies japanische Texte und benutze ein Wörterbuch!'
Die typischen Aussagen vieler Lerner
Der Widerstand, auf den meine simple Ansage trifft, erstaunt mich immer wieder. Japanischlerner scheinen ganze Berge zu versetzen, nur um kein japanisches Buch lesen oder keine Serie mit Wörterbuch ansehen zu müssen.
Dabei höre ich immer wieder die gleichen Einwände:
- 'Ich brauche die Struktur!'
Fakt ist: Es gibt und wird nie eine exakte Schritt-für-Schritt-Anleitung geben, die dir vorschreibt, was du wann lernen musst. Sprachgefühl entwickelt sich nur durch eigenständiges Lesen - wo du stets mit neuen unbekannten Dingen konfrontiert wirst. - 'Ich wiederhole nochmal die Grundlagen!'
Die Wahrheit: Du kannst endlos wiederholen. Wenn du die Grundlagen nie praktisch anwendest, werden sie sich niemals festigen. - 'Das hilft beim Hörverständnis!'
Etwas auf Japanisch ansehen ist schonmal gut. Aber passiv verbesserst du dich nicht. Du verstehst nur, was du sowieso bereits kennst. Um besser zu werden, musst du Unbekanntes aktiv nachschlagen. Ein paar einzelne Wörter nebenbei raushören, bringt dich nicht voran. - 'Jeder muss seinen eigenen Weg finden!'
Falsch. Wir alle lernen Sprachen nach dem gleichen Prinzip. Wir alle haben unsere Muttersprache auf die gleiche Weise gelernt: durch verständlichen Input. Es gibt keinen anderen Weg.
Ich verstehe die psychologischen Barrieren: Die Angst vor dem Unbekannten, das Bedürfnis nach Kontrolle und die Sorge, etwas falsch zu machen. Aber genau diese unbegründeten Ängste sind es, die uns beim Sprachenlernen im Weg stehen.
Unnatürliches Lernen als Fluchtweg
Der Konfrontation mit echtem Japanisch weichen die meisten Lerner immer aus, indem sie alle möglichen Methoden nutzen, die nach Arbeit aussehen, aber kaum etwas bringen:
- Vokabellisten lernen: Man paukt wahllos zusammengestellte Wortlisten oder Anki-Decks, in der Hoffnung, damit irgendwann echtes Japanisch zu verstehen.
- Kurse besuchen: Man investiert in den nächsten überteuerten Sprachkurs, nur um sich temporäre Bestätigung zu holen und die Verantwortung für den eigenen Lernfortschritt abzugeben.
- Grammatik pauken: Man arbeitet sich durch ein Lehrbuch nach dem anderen, in der irrigen Hoffnung, dass die Grammatik irgendwann 'von alleine' im Kopf bleibt.
- Lern-Apps nutzen: Man verbringt Stunden mit Duolingo, Busuu und Co., klickt sich durch gamifizierte Übungen, in dem Glauben, einem strukturierten Plan zu folgen.
Wenn du dich in einem oder mehreren dieser Punkte wiedererkennst, steckst du in genau dem Teufelskreis, der dich dauerhaft davon abhalten wird, dein eigentliches Ziel zu erreichen: Japanisch wirklich zu verstehen und zu beherrschen.
Beginnt man nach zahlreichen Jahren doch mit der Immersion beginnt, merkt man, dass man quasi bei Null anfängt. Denn die oben genannten Methoden bringen einem so gut wie keine Sprache bei.
Das Ironische daran: Der Aufwand, den Lerner betreiben, um nicht lernen zu müssen, ist wesentlich größer als das eigentliche Lernen durch Immersion. In der Zeit, die für endlose Grammatikübungen und teure Kurse verschwendet wird, hätte man bereits dutzende Manga lesen oder Serien schauen können - und dabei tatsächlich Japanisch gelernt.
Der Grund meiner Verwunderung
Mir selbst erschließt sich nicht, woher dieser enorme Widerstand kommt, einfach ein normales Buch zur Hand zu nehmen oder unbekannte Wörter nachzuschlagen. Denn sonderlich aufwendig ist das nicht: Es geht in allen möglichen Situationen mit einem Klick:
Wenn du noch nicht weißt, wie du das einrichtest, dann kannst du einfach einen Blick in meinen Artikel mit den Anleitungen zu den wichtigsten Japanisch-Apps werfen!
Du kannst nur besser werden!
Wovor hat man Angst? Beim Nachschlagen lernt man die Wörter, die man wirklich braucht - automatisch gefiltert durch die eigenen Interessen. Perfekter als jede vorgefertigte Vokabelliste.
Was ist das Schlimmste am häufigen Nachschlagen? Dass du dir das Wort irgendwann merkst? Und was bleibt besser hängen: isolierte Vokabeln oder Wörter aus Geschichten, die dich fesseln?
Hol dir Japan einfach nach Hause!
Viele erhoffen sich bessere Sprachfähigkeiten mit der Japanreise - aber dort steht man vor der selben Situation. Und im echten Gespräch hat man keine Zeit zum Nachschlagen. Warum also nicht jetzt entspannt lernen, wo man Zeit zum Verstehen hat?
Beim eigenständigen Lernen hast du Zeit zum Nachschlagen und Verstehen. Mit jedem Wort gewöhnst du dich mehr an die Sprache - und lernst ganz nebenbei.
Die Rechnung ist einfach: Ohne Nachschlagen kein Verständnis, ohne Verständnis kein Lernen. Wer sich nur berieseln lässt, wird auch nach hundert Stunden Anime nicht wesentlich mehr verstehen als am Anfang.
Jeder lernt so!
Fakt ist: Jeder erfolgreiche Japanischlerner hat durch verständlichen Input gelernt. Viele vergessen das später und schreiben ihren Erfolg fälschlicherweise den klassischen Lernmethoden zu - beanntermaßen machen das selbst Lehrer in Kursen.
Auch wer von Universitätskursen und Sprachschulen schwärmt, lernte in Wahrheit hauptsächlich außerhalb - durch eigenständige Beschäftigung mit der Sprache.
Die Wissenschaft ist eindeutig: Eine Sprache lässt sich nicht durch Auswendiglernen beherrschen. Man kann sie nur durch echte Erfahrung erwerben.
Fang direkt an!
Also hör auf, Zeit mit der Suche nach der perfekten Methode zu verschwenden. Nimm dir heute noch etwas Japanisches vor, das dich interessiert, und fang an zu lesen. Mit Wörterbuch. Das ist alles, was du brauchst.
Ich bin der Betreiber von Kawaraban und beschäftige mich seit 2007 mit Japan und seiner Sprache.
Ich habe einen Bachelor of Arts in Japanologie erworben und ein Austauschstudium an der Senshu-Universität absolviert.
Seit 2018 lebe ich in Japan und berichte über das Land und mein Leben hier.
Eines meiner Ziele ist es, zukünftigen Generationen bessere Erklärungen zur Sprache zu bieten, als ich sie zur Verfügung hatte.