Busuu ist ein recht schlecht gewählter Name für eine App, die auch Japanisch anbietet. Denn das Wort hat eine Bedeutung auf Japanisch: Es heißt "Auflagenanzahl" Ein kleiner faux pas, doch kann sie beim Lernen helfen? Immerhin verspricht sie Fremdsprachkenntnisse mit nur 10 Minuten Aufwand pro Tag!
Was bietet Busuu?
Lernen mit Romaji
Busuu beginnt bereits mit einem sehr fragwürdigen Ansatz: Der Komplettkurs für Japanisch - dem die meisten folgen werden - versucht die Sprache mit Romaji - also lateinischen Buchstaben - beizubringen. Dabei geht es so weit, dass es die Romaji für Erklärungen nutzt, wie man Worte schreibt. Die entsprechend auch falsch sind.
Denn japanische Wörter werden nunmal mit Kana und Kanji geschrieben. Eine Aussage wie man sage "onegaishimas" aber schreibe "onegaishimasu" ist damit schon vom Grundgedanken her falsch. Denn man schreibt es お願いします.
Die Aussprache ist besonders bedenklich. Die ist nicht nur unnatürlich, sondern teilweise komplett falsch. Wenn man sie kopiert, trainiert man sich zahlreiche Fehler an.
Erst ab Lektion 5 werden die ersten Hiragana beigebracht. Die sind jedoch an sich die Grundlage für das gesamte Lernvorhaben.
Ein Vorgang, mit dem man laut Busuu nur 10 Minuten am Tag braucht, um eine Sprache zu lernen. Zum Vergleich: Die US-Regierung gibt an, dass man 2.200 Stunden benötigt, um Japanisch auf ein gutes Konversationslevel zu bekommen. Mit 10 Minuten pro Tag wirst du hier also mehr als 35 Jahre mit lernen verbringen.
Besonders fragwürdige Lektionen
Die Lektionen selbst haben kaum einen Lerneffekt. Im Kern werden hier kurze Sätze vorgesprochen und man muss per Multiple-Choice die richtige Antwort auswählen. Derartigen Übungen wird linguistisch kein Vorteil beim Spracherwerb zugesprochen.
Busuu geht jedoch noch weiter. Es gibt einem dann Lückentexte, in denen man einzelne korrekte Romaji auswählen muss, um Wörter zu komplettieren. An dieser Stelle fragte ich mich nur noch, was man hier überhaupt beibringen will. Zumal man vor diesen Hörübungen nicht einmal die Grundlagen der japanischen Aussprache und worauf man achten muss erklärt hat.
Von derartigen Aufgaben löst man sich auch nie. Selbst bei der Grammatik lässt man einen einzelne Wörter zusammenklicken und Wortpaare suchen. Der gesamte angebliche Lernablauf dreht sich darum. Doch in Wirklichkeit verschwendet das nur deine Zeit.
Fortgeschrittene Lektionen
Im späteren Verlauf des Kurses löst man sich zumindest von den Romaji. Allerdings hält man an generischen und nicht sehr hilfreichen Lückentextaufgaben sowie zusammenschieben von Satzblöcken fest. Das geht gar so weit, dass man て-Formen präsentiert und die Lerner hier ein einziges Zeichen vervollständigen lässt.
Die Kanjiübungen sind nicht weniger problematisch. Man präsentiert die Kanji hier komplett isoliert und mit einer einzigen Lesung. Dass man die selben Zeichen in einem anderen Kontext komplett anders ausspricht, wird direkt ignoriert. Nur als Tipp erklärt man "Sie haben mehrere Lesungen." und lässt die Lerner damit allein zurück.
Typisch falsche Grammatik
Ich werde nicht müde, es zu erklären und auch Busuu tritt in die übliche Falle: Sie erklären keine richtige japanische Grammatik. Stattdessen nehmen sie den typischen Weg, der versucht, dem ganzen die Englische Grammatik überzustülpen. Dabei werden aber linguistisch klar definierte Fachbegriffe komplett falsch verwendet und ein sehr problematisches Verständnis der Sprache erschaffen.
Man hat hier die gesamte Palette: Begonnen bei な-Adjektiven (die nur Substantive sind) über bis hin zur Erklärung des zusammengesetzten Prädikats als Konjugation. Zusammenhängend damit erklärt man etwa die ます-Form falsch und behauptet, dass 行きます die ます-Form von 行く sei. Was jedoch nicht stimmt. 行き ist die ます-Form von 行く. Und die wird auch nur umgangssprachlich so genannt, weil es die Verbform ist, die man unter anderem für die Verbindung mit dem Hilfsverb ます verwendet. Ihr absolut korrekter Name wäre 連用形 (Renyoukei).
Kurse für spezifische Ziele
Busuu bietet zudem Kurse für spezifische Ziele an. Etwa Japanisch für die Reise oder lernen mit Manga. Und ich glaube ich muss nicht erst erwähnen, das beide Vorgänge ebenfalls fragwürdig umgesetzt sind.
Japanisch für die Reise animiert etwa zum frühen Output. Seines Zeichens wieder eine Grundlage für spätere, sehr gebrochene Sprachkenntnisse. Denn man kann nicht direkt in einer Sprache kommunizieren, die man bisher kaum gelesen und gehört hat. Dafür fehlt einem komplett die zum Sprechen notwendige Erfahrung.
Diese Kurse präsentieren dir Japanisch zudem stets mit der durchgehend unnatürlichen Aussprache und Romaji. Selbst der Kurs zum lesen von Manga nutzt zu Beginn lateinische Buchstaben. Was die Fragwürdigkeit auf ein neues Level hebt. Denn wie nicht anders zu erwarten, nutzen echte Manga ohne Ausnahme das japanische Schriftsystem.
Ein zu erwartendes Fazit
Ich erklärte zu Beginn, was ぶすう auf Japanisch bedeutet. Doch Busuu hat sich natürlich nicht danach benannt, sondern der gleichnamigen, kaum noch gesprochenen Sprache in Kamerun. Diesen Namen finde ich durchaus passend ... denn Busuu trägt durch seinen schlechten Lernansatz dazu bei, dass mehr Sprachen dieses Schicksal erleiden könnten.
Das wenige Vokabelwissen, das man sich hier durch das Verstehen von Botschaften aneignet, ist vernachlässigbar. Dazu hört man pausenlos Sätze mit unnatürlicher Aussprache und die zahlreichen Multiple-Choice-Aufgaben mögen ein tolles Gefühl vermitteln, aber eben keine Sprachkenntnisse.
Entsprechend verschwendet man hier eher seine Zeit und kann ich jedem ernsthaften Lerner nur davon abraten, Busuu zu verwenden.
Ich bin der Betreiber von Kawaraban und beschäftige mich seit 2007 mit Japan und seiner Sprache.
Ich habe einen Bachelor of Arts in Japanologie erworben und ein Austauschstudium an der Senshu-Universität absolviert.
Seit 2018 lebe ich in Japan und berichte über das Land und mein Leben hier.
Eines meiner Ziele ist es, zukünftigen Generationen bessere Erklärungen zur Sprache zu bieten, als ich sie zur Verfügung hatte.