Japanisch für den Urlaub

Japanisch für den Urlaub? Die Sprache hat ein einzigartiges Problem!

Wenn es in den Urlaub nach Japan geht, fragt sich so mancher, ob er dafür nicht die Sprache lernen sollte. Das ist ein komplexeres Problem, als du glauben magst. Praktisch gesehen lohnt sich das in den seltensten Fällen. Hier erkläre ich dir, wann es sinnvoll ist, Japanisch zu lernen und warum es oft keinen Vorteil bringt.

Wenn ich hier von Urlaub spreche, dann meine ich eine klassische Reise von einigen Wochen, die sich auf die Besichtigung verschiedener Sehenswürdigkeiten konzentriert. Und genau in diesen Fällen ist es einfach so, dass schnell grundlegende Sprachkentnisse keinen effektiven Nutzen haben. Aber du kannst deinen Urlaub auch genießen, ohne Japanisch zu können. Doch selbst, wenn du nur aus Spaß ein wenig lernen willst, solltest du einen wichtigen Punkt beachten!

Die Probleme von Urlaubsjapanisch

Was lernst du für eine Reise? Wenn du Japanisch speziell für eine Reise lernen möchtest, dann wirst du dich darauf beschränken, verschiedene Redewendungen zu lernen, wie man sie im täglichen Leben unter Fremden höflich verwendet. Dabei handelt es sich um einfache Sätze. Zum Beispiel “Guten Tag” und “Danke” oder nach dem Weg und dem Preis fragen. Im Regelfall machst du also nichts falsch, wenn du auf diese Art und Weise mit Grundlagen anfängst. Doch Japanisch ist anders.

Denn es hat ein einzigartiges Problem: Denn im Gegensatz zu Sprachen wie Englisch oder Französisch, wo du für den Urlaub in der Tat derartige Grundlagen verwenden kannst, ist das bei Japanisch nicht der Fall. Hier kommt im alltäglichen Umgang zwischen Fremden bereits eine leicht fortgeschrittene Grammatik mit einem Hilfsverb zum Einsatz.

Nämlich das desu und masu. Beide funktionieren sehr unregelmäßig, werden aber von Lehrbüchern und Kursen oft als Standard beigebracht. Wenn du die Sprache nun nach deiner Reise intensiver weiterlernen willst, hast du dir durch das Vorziehen dieser Formen ein falsches Bild der Grammatik eingeprägt. Und diesen Fehler zu korrigieren, kann dauern.

Du wirst die Antwort kaum verstehen: Außerdem wirst du mit derartigen Phrasen schnell mit der Realität konfrontiert. Denn die Kommuikation mit ihnen läuft sehr einseitig ab. Die Antworten wirst du meistens kaum verstehen. So wie die Gespräche im Lehrbuch ablaufen, funktionieren sie in der Realität fast nie. Selbst auf die simple Frage “Wie komme ich zum Bahnhof?” kann sehr schnell eine Nachfrage kommen. Und das nicht unbedingt im saubersten Japanisch. Auf solche Situationen kannst du dich nicht durch reines Auswendiglernen vorbereiten.

Die Zeit reicht nicht aus: Wenn es dir nur darum geht, für die eine Reise ein paar Phrasen zu können und du die Sprache später nicht weiterlernen willst, ist das alles natürlich kein Problem. Allerdings würde ich dann auch explizit von Sprachkursen abraten. Denn entsprechende Phrasen findest du ohne Probleme online und die Zeit in einem Kurs ist sowieso viel zu gering, als dass er dir hier Vorteile bieten würde.

Zudem solltest du auch in diesem Fall, mit dem Basis-Japanisch beginnen. Du magst dann zwar etwas unhöflich klingen, aber Japaner erwarten von Ausländern sowieso keine korrekte Verwendung von Höflichkeitsformen. Zudem ist es eine Absicherung für dich, falls du später doch noch ein größeres Interesse an der Sprache entwickeln solltest. Weil wenn du intensiver lernen willst, ist es gar kontraproduktiv, mit Urlaubsjapanisch zu beginnen.

Lernen für den Notfall?

Die Suche nach den Ärzten: Oft wird gesagt, dass es lohnt, ein paar wichtige Phrasen für den Notfall zu lernen. Das klingt sinnvoll, doch es stößt neben den bereits genannten Problemen auf weitere. Denn in einem Notfall willst du dich nicht auf bruchstückhaftes Japanisch verlassen. Zudem musst du es auch gar nicht. Ich kenne gar viele langjährige Auswanderer, die bei ihrer Gesundheit trotz Japanischkentnissen doch lieber einen deutsch- oder zumindest englisch-sprachigen Arzt aufsuchen. Und gerade als Urlauber solltest du das auch tun. Listen derartiger Ärzte findest du bei der JNTO.

Komplexe Arztgespräche: Ich will es hier wegen der Dringlichkeit aber noch einmal explizit hervorheben: Nach einem kurzen Japanisch-Crashkurs kannst du dem Arzt vielleicht sagen “Mein Bauch tut weh.”, aber wie willst du hier mit den Nachfragen umgehen, die durchaus spezifisch sein können?

Als Beispiele: “Wann fingen die Symptome an?”, “Was haben Sie in letzter Zeit gegessen?” Und auch Sätze wie “Gehen sie mit diesen Symptomen am besten zu einem Dermatologen”, “Nehmen sie diese Medikamente drei Mal täglich bei Bedarf.” oder weitere Anweisungen verstehst du wahrscheinlich nicht so exakt, wie du es solltest.

Das Spiel mit der Gesundheit: Es gibt hier unzählige Leiden und Gesprächsverläufe, die du mit ein wenig Urlaubsvorbereitung niemals wirst alle lernen können. Und wenn du hier etwas falsch, oder gar nicht verstehst, kann dir das im schlimmsten Fall ernsthafte gesundheitliche Probleme verursachen. Wodurch besonders deutlich wird, wie derartige Vorbereitungskurse wirklich nur der Unterhaltung dienen und nicht darum gehen, dir brauchbares Japanisch zu vermitteln.

Japaner sprechen besser Englisch als du Japanisch: Außerdem wirst du, wenn du nur für ein paar Wochen lernst, schlechter Japanisch können als die meisten Japaner Englisch. Obwohl bekanntermaßen nur wenige Japaner gutes Englisch können, schlagen sie dich einfach mit Erfahrung. Immerhin lernen sie die Sprache seit ihrer Schulzeit. Vor allem die Angestellten in Geschäften, die stark von Touristen frequentiert werden, können Englisch durchaus auf einen brauchbaren Niveau. Entsprechend solltest du auch in Notfällen eher auf Englisch ausweichen

Automatische Übersetzer reichen für die meisten

Es gibt keine Notwendigkeit: Ein weiterer Grund, dass du selbst im Ernstfall nicht auf Japanisch angewiesen bist, liegt an technischen Fortschritten. Die Zeiten, in denen Japan ein fremdes Land war, in dem man als Tourist überhaupt nichts verstand, sind längst vorbei. Du wirst heutzutage kaum noch in Situationen kommen, in denen es besser ist, ein paar Sätze zu kennen, um dich im Notfall zurechtzufinden, als einfach dein Smartphone auszupacken.

Großstädte haben Untertitel: Ich bezeichne Tokio immer gerne als “Japan mit Untertiteln”. Denn in der Metropole sind die meisten Schilder ohnehin zweisprachig und jeder Konbini schreibt auch die englische Warenbezeichnung auf seine Produkte. Auch in Osaka und vielen stark von Touristen besuchten Orten gibt es die meisten Informationen auf Englisch.

Apps sind heutzutage sehr mächtig: Dazu hast du heutzutage dank deinem Smartphone Zugriff auf automatische Übersetzer wie DeepL oder Google Lens. Mit letzteren kannst du einfach ein Bild von einem Japanischen Wort oder Satz machen, und bekommst direkt eine Übersetzung angezeigt. So kannst du dich auch ohne Sprachkentnisse orientieren. Obwohl ich eher dazu raten würde, den Text dann einfach zu kopieren und von dem wesentlich exakteren DeepL übersetzen zu lassen. Ich habe zudem eine Sammlung der besten Apps für die Japanreise erstellt.

Du wirst keinen Smalltalk betreiben können

Smalltalk ist nichts für Anfänger: Es gibt natürlich auch weniger ernsthafte Anwendungsgebiete. Ich erlebe immer wieder Menschen, die erklären, dass sie nur ein bisschen Japanisch lernen wollen, um sich bei einem Bier in der Kneipe mit einem Japaner unterhalten zu können. Das stellen sie dabei als einen kleinen Schritt auf dem Weg zum Spracherwerb dar. Allerdings ist genau das Gegenteil der Fall: Wer sich an der Bar auf Japanisch unterhalten kann, verfügt über ein sehr hohes Sprachniveau.

Die Realität der Kneipengespräche: Du musst nicht nur den Slang verstehen, sondern dich auch spontan über alle möglichen Themen auf Japanisch unterhalten können. Das schaffst du nicht, wenn du für den Urlaub schnell ein paar Sätze und die Grundgrammatik lernst. Für solche lockeren Alltagsgespräche brauchst du fast muttersprachliches Niveau.

Der Vorteil japanischer Phrasen: Hier zählt jedoch natürlich auch, dass es durchaus sympathisch wirken kann, wenn du ein kurze Vorstellung auf Japanisch kannst. Das Gespräch wird sich danach jedoch schnell in ein Sammelsorium aus App-Nutzung, englischen Phrasen und Körpersprache entwickeln. Bei einem derartigen Vorgehen wird deine Höflichkeitsform aber auch wieder irrelevant sein. Man würde es dir nicht übelnehmen, wenn du sie nicht kannst. Weswegen es auch hier keine Vorteile bringt, wenn du eine Höflichkeitsform verwendest.

Wann lohnt es, die Sprache zu lernen?

Eine Frage des Respekts: Der kern des letzten Punkts ist die zweite Seite des Problems. Die geht über den reinen Nutzen hinaus. Während es dir einerseits bei einer einmaligen Reise kaum Vorteile bieten wird, so ist es doch durchaus respektvoll, wenn du dir einfach der Geste wegen einige grundlegende Sprachkentnisse aneignest. Sieh es als Reisevorbereitung an. Selbst wenn derartig geringe Kentnisse wohl bereits bei der ersten Konversation zusammenbrechen werden. Die Japaner selbst haben immerhin auch eine Sprache explizit für ausländische Besucher gelernt und sich so auf sie eingestellt.

Ein tieferes Interesse: Wenn die Urlaubsreise für dich hingegen sowieso einfach nur der erste Schritt zu einem tieferen Interesse an Japan ist, dann lohnt es sich hingegen sowieso, sich auch mit der Sprache zu beschäftigen. Schließlich ist der Nutzen dann ungleich größer.

Lerne richtig, nicht für die Reise! In einem derartigen Fall solltest du allerdings nicht mit einigen auswendig zu lernenden Phrasen beginnen, sondern richtig mit der grundlegenden Grammatik und dich von da aus vorarbeiten. Da es sich in diesem Fall um ein größeres Hobby handelt, hast du auch mehr Zeit, dich mit all dem zu befassen. Wie du dafür beim Lernen vorgehen solltest, erklär ich dir in meinem Guide zum Japanisch lernen.

Vorsicht vor Kursen: Allerdings solltest du von Sprachkursen und klassischen Lehrbüchern absehen. Denn wie ich im Gespräch mit diversen Japanischlehrern erfuhr, richten die sich primär nach den Personen, für die der Kurs selbst nur eine kurze Unterhaltung ist und die kein langfristiges Interesse daran haben, die Sprache richtig zu lernen. Das bedeutet, dass die Grammatik stark vereinfacht wird und die Logik der Sprache nicht mehr erkennbar ist.

Sprich mit den Menschen! Die Reise selbst dient dann der Immersion und ist sogar nützlich, um besser zu werden. Versuche, Dinge zu lesen und selbstständig zu übersetzen, wenn du sie nicht verstehst. Sprich auch mit den Leuten und stelle selbst die einfachsten Fragen. So lernst du, mit den Antworten umzugehen. Denn eine Sprache lernst du nur richtig, wenn du sie in einer natürlichen Umgebung anwendest.

Wenn du wissen willst, wie du dich ganz allgemein auf eine Reise nach Japan vorbereiten solltest, hilft ein Blick in den folgenden Artikel:

Profilbild von Mathias Dietrich

Ich bin der Betreiber von Kawaraban und beschäftige mich seit 2007 mit Japan und seiner Sprache.

Ich habe einen Bachelor of Arts in Japanologie erworben und ein Austauschstudium an der Senshu-Universität absolviert.

Seit 2018 lebe ich in Japan und berichte über das Land und mein Leben hier.

Eines meiner Ziele ist es, zukünftigen Generationen bessere Erklärungen zur Sprache zu bieten, als ich sie zur Verfügung hatte.

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  1. Marcelo Marinho sagt:

    Sehr gut beschrieben und erläutert. Bin sehr für Japan interessiert und allein aus dem Grund lerne ich die Sprache seit ca. drei Jahren, denn mich interessiert in Ländern u.a. die Sprache. Und Japanisch übt so eine Anziehungskraft auf mich, dass ich erst damit beschäftigen wollte, indem ich die Sprache verstehe. Denn dadurch verstehe ich teils die Mentalität. Danke.

    • Mathias Dietrich sagt:

      Bitte, bitte!

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