Hinter LingQ steht der bekannte Polyglot Steve Kaufmann, der vor allem auf Immersion setzt: Das Sprachenlernen durch authentische Inhalte. Darum dreht sich auch seine App. Die Grundidee klingt vielversprechend: Lerne mit echten Texten und Videos auf deinem Niveau. Doch bei der Umsetzung hapert es an wichtigen Stellen.
Das bietet LingQ
Umfangreiche Inhalte zum Immersionslernen
Der Kern von LingQ sind zahlreiche Texte und Videos in der zu erlernenden Sprache, in denen du jedes Wort anklicken kannst, um seine Übersetzung zu sehen. Es setzt also auf einsprachiges lernen, was sehr sinnvoll ist und an sich auch der einzig erpropte Weg, wie man sich eine Sprache aneignen kann.
Das Wörterbuch: Im Fall von Japanisch nutzt es dafür das englische Wörterbuch von JMDict. Deutsch gibt es nur über Google Translate, was ich nicht empfehlen würde. Wadoku hingegen ist nicht direkt integriert. Du kannst es nur per Klick im Pop-Up aufrufen, woraufhin die Webseite geöffnet wird. Das kostet Zeit!
Die Videos und Texte sind nach Schwierigkeitsgrad sortiert. Zudem analysiert das System, welche Wörter du bereits kennst und welche neu für dich sind. So findest du stets Material auf deinem Niveau.
Nachgeschlagene Wörter werden dann direkt zu Vokabelkarten. Allerdings ohne Kontext. Und die Wiederholung geschieht im Multiple-Choice-Verfahren. Diese Art des Lernens ist allerdings wenig effektiv. Die Aussprache wird zudem synthetisch erstellt und damit nichts für Anfänger, die ernsthaft die Aussprache üben wollen.
Zudem gibt es Wiederholungen in beide Richtungen (Englisch-Japanisch und Japanisch-Englisch), aber nur letzteres hat einen gewissen Nutzen - und auch nur als Kurzzeitgedächtnisstütze bis zum nächsten Auftreten in echten Texten.
Eigenes Material mit Hürden
Besonders praktisch: Du kannst auch eigene Inhalte importieren - sei es per Link oder Datei. YouTube-Videos lassen sich problemlos einbinden. An sich eine sehr sinnvolle Funktion!
Umständliche Umsetzung: Jedoch ist das System durchaus fummelig. Immer erst einen speziellen Youtube-Link zu importieren, kostet Zeit. Zudem ist es extrem umständlich integriert.
Das Menü gibt dir zunächst nur den reinen Text. Willst du das Video sehen, musst du erst noch ein weiteres Untermenü öffnen. Aber nicht das mit dem Youtube-Button - denn hier siehst du zwar die Untertitel, kannst sie aber nicht anklicken. Stattdessen musst du auf "Satz anzeigen" klicken, um Video und Untertitel gleichzeitig zu sehen. Hier ist nicht nachvollziehbar, wieso man drei verschiedene Abspielmodi in drei verschiedenen Menüs integriert hat.
Problematische Lernmethoden
Leider setzt LingQ bei wichtigen Features auf fragwürdige Methoden. So werden standardmäßig Romaji verwendet - ein absolutes No-Go beim Japanischlernen. Zwar lässt sich das deaktivieren, aber schon die Standardeinstellung zeigt eine bedenkliche Grundhaltung.
Das Problem kommt auch beim Wörterbuch zum tragen. Denn sie zeigen Kanji und Romaji an, aber keine Hiragana. Die Aussprache der Kanji kannst du zwar im Text sehen, der Parser hat aber oft Probleme mit der korrekten Aussprache vieler Zeichen.
Ein etwas besserer Grammatikleitfaden. Bei der Grammatik überraschte mich LingQ. Die Erklärungen sind nicht perfekt, aber wesentlich exakter, als das, was ich von den meisten Apps gewohnt bin. Zwar spricht man etwa von Verbformen, erklärt aber durchaus das System mit Dingen wie der Verbundsform und ähnlichen.
Kostenlose Version mit einem heftigen Einschnitt
LingQ ist nicht wirklich kostenlos. Wer nicht zahlt, kann etwa nur 20 Wörter nachschlagen. Danach ist Schluss. Dieses Kontingent regeneriert sich auch nicht. Ein Abo entfernt das Limit komplett und schaltet weitere Features frei, wie etwa komplette Satzübersetzungen.
Der Preis:
- Monatsabo: 14,99 Euro / Monat
- Jahresabo: 119,99 Euro / Jahr
- Zwei-Jahresabo: 215,76 Euro / 2 Jahre
Aufpassen! In der App und auf der Webseite werden jeweils andere Preise angezeigt. Am günstigsten bekommst du den Zugang auf der Webseite von LingQ direkt.
Das Potential ist da
LingQ hat gute Ansätze, aber die Umsetzung lässt zu wünschen übrig. Der Grundlegende Lernweg zielt mit natürlichen Texten und dem Popup-Wörterbuch auf die wichtigen Aspekte ab , doch die fragwürdigen Lernmethoden, das Vokabelkarten-System und die unintuitive Bedienung trüben das Gesamtbild deutlich.

Ich bin der Betreiber von Kawaraban und beschäftige mich seit 2007 mit Japan und seiner Sprache.
Ich habe einen Bachelor of Arts in Japanologie erworben und ein Austauschstudium an der Senshu-Universität absolviert.
Seit 2018 lebe ich in Japan und berichte über das Land und mein Leben hier.
Eines meiner Ziele ist es, zukünftigen Generationen bessere Erklärungen zur Sprache zu bieten, als ich sie zur Verfügung hatte.