Der Kimono ist eines der wichtigsten Symbole japanischer Kultur und viele Reisende möchten bei ihrem Japan-Besuch einen tragen. Doch bei einem Besuch in Kyoto fiel meiner japanischen Frau auf: Oft tragen Touristen unpassende Kimonos - teils, weil sich Verleihgeschäfte mehr nach Kundenwünschen als nach Traditionen richten. Deswegen will ich dir hier alles Wichtige über den Kimono erklären und wie du den perfekt passenden für dich findest!
Inhaltsverzeichnis
Was ist ein Kimono?
Der Kimono (着物, wörtlich "Sache zum Anziehen") ist das traditionelle Gewand Japans, das seit dem 8. Jahrhundert getragen wird. Es handelt sich um ein T-förmiges, knielanges Kleidungsstück aus Seide, Baumwolle oder moderneren Materialien, das mit einem breiten Gürtel, dem Obi, gebunden wird.
Imposante Alltagskleidung: Früher trug man den Kimono ganz normal im Alltag. Heutzutage machen das nur noch einige ältere Japaner. Heutzutage trägt man ihn hauptsächlich zu besonderen Anlässen wie Hochzeiten, Teezeremonien oder traditionellen Festen.
Kleider machen Leute: Je nach Ausführung, Muster und Farbe vermittelt ein Kimono viele Informationen über seinen Träger - von Familienstand und Alter bis hin zum sozialen Status und dem Anlass, zu dem er getragen wird.
Die richtige Kimono-Wahl nach Alter und Anlass
Wenn du also selbst einen Kimono anziehen willst, ohne dass die Einheimischen komisch gucken, solltest du einige grundlegende Regeln kennen. Denn in Japan gibt es klare Vorschriften, welcher Kimono zu welchem Anlass und welcher Person passt.
Frauen
Furisode (振袖):
- Für unverheiratete junge Frauen
- Sehr formell
- Helle Farben
- Typisch für den Tag der Volljährigkeit und formelle Anlässe
- Wird üblicherweise bis zur Hochzeit oder bis zum Alter von 25 Jahren getragen
Tomesode (留袖):
- Muster hauptsächlich unter der Hüfte
- Kürzere Ärmel
- Schwarzer Tomesode (黒留袖): Formellste Version für verheiratete Frauen, wird bei Hochzeiten getragen
- Farbiger Tomesode (色留袖): Etwas weniger formell, auch für unverheiratete Frauen
Houmongi (訪問着):
- Semi-formell
- Motive über den gesamten Kimono
- Für verheiratete und unverheiratete Frauen
- Häufig bei Teezeremonien und Festen getragen
- Passend für Frauen jeden Alters
Komon (小紋):
- Legere Alltagskleidung
- Passend für alle Altersgruppen und Familienstände
- Oft beim Einkaufen oder für informelle Treffen getragen
Männer
Die Formalität bei Männer-Kimonos wird primär durch das verwendete Material und weniger durch die Farben bestimmt.
Kuromontsuki Haori Hakama:
- Formellster Kimono für Männer
- Wird meist nur zu sehr wichtigen Anlässen wie Hochzeiten getragen
- Besteht aus einem hauptsächlich schwarzen Haori (Jacke) und einem gestreiften Hakama (Hose)
Iromontsuki Haori Hakama:
- Etwas informeller als der Kuromontsuki
- Wird bei Zeremonien und formellen Anlässen getragen
- Bestehst aus einem farbigen Haori und einem gestreiften Hakama
- Passend für alle erwachsenen Männer
Haori Hakama:
- Semi-formell
- Bestehen aus Omeshi (eine Art Seidenkrepp) oder Tsumugi (eine gewebte Seide)
- Geeignet für Teezeremonien und kulturelle Veranstaltungen
- Für erwachsene Männer jeden Alters
Allgemeine Regeln
Die Farben: Ganz allgemein gilt schwarz als formellste Farbe. Hellere Töne passen eher zu jungen Menschen, während man mit voranschreitenden Alter eher auf dunkle und schlichtere Farben setzt.
Anzahl der Wappen: Alle Kimonos zeichen sich zudem durch die Kamon genannten Familienwappen aus. Es sind stets zwischen 1 und 5 auf ihnen abgebildet. Je mehr Wappen, umso formeller. Es gibt eine Reihe von Motiven, die jeder tragen kann. Etwa Takanoha (zwei gekreuzte Federn) oder Go-san no Kiri (Eine Paulownie mit drei Knospen an den Seiten und fünf in der Mitte).
Es gibt gewisse Freiheiten: Diese Richtlinien werden in der Moderne nicht mehr ganz so strikt befolgt. Komplett frei ist die Wahl aber nicht. Als Ausländer sollte man sich zudem noch etwas mehr daran halten, da man an sich bereits in japanischen Menschenmengen stärker auffällt.
Praktische Tipps für den Kimono-Verleih
1. Zeitplanung
- Plane bis zu 1/1/2 Stunden zum Ankleiden inklusive Frisur und Make-Up ein
- Reserviere besonders in der Hochsaison im Voraus
- Die besten Zeiten sind früh am morgen und am späten Nachmittag
2. Passform und Komfort
- Wähle bequemes Schuhwerk
- Kimonos können sehr warm werden! Trage deswegen passende Unterwäsche zur Jahreszeit.
- Einen Kimono zu tragen braucht Übung, du musst teils auf deine Bewegungen achten
3. Jahreszeit beachten
- Sommer: Leichte Stoffe (Ro/Sha)
- Winter: Gefütterte Varianten (Awase)
- Frühling/Herbst: Ungefütterte Modelle (Hitoe)
Was kostet ein Kimono-Verleih?
Die Preise variieren je nach Standort und Qualität. Ganz grob kannst du aber mit folgenden Preisen rechnen:
- Simple, schlichtere Kimonos: 3.000 - 5.000 Yen
- Hochwertige Kimonos: 10.000 - 13.000 Yen
Das musst du beim Tragen eines Kimono beachten!
Ein Kimono gibt dir vergleichsweise wenig Beinfreiheit. Deswegen lohnt es beim laufen mit der rechten Hand die vordere Ecke des Kimono zu greifen. So kommst du besser vorwärts und riskierst nicht, dass sich der Kimono öffnet.
Die sehr langen Ärmel des Kimono sind wohl eines der herausstechendsten Merkmale. Wenn du nach Gegenständen greifst, können die aber oft im Weg sein. Halte deswegen den Ärmel mit einer Hand, wenn du mit der anderen etwas greifst.
Am besten trägst du maximal eine kleine Handtasche und kleine Dinge wie dein Portmonnaie und Smartphone.
Beachte, dass du mit einem Kimono wegen des Obi mehr Platz benötigst, als mit westlichen Sachen. Das ist auch beim sitzen wichtig: Wenn du dich zu weit zurücklehnst, könnte das den Obi zerdrücken und dafür sorgen, dass er sich lockert. Lehne dich deswegen nicht zu weit zurück.
Allen voran solltest du mit einem Kimono Toiletten im westlichen Stil aufsuchen. Das erleichtert den Toilettengang.
Zudem weißt du bereits, dass du einen Kimono nicht mal eben aus- und anziehen kannst. Beim Toilettenbesuch musst du ihn deswegen Schälen: Nach und nach von der obersten bis zur untersten Schicht.
Dabei musst du erneut auf den Obi und die Ärmel achten! Entgegen des Klischees sind bei weiten nicht alle Toiletten in Japan sauber. In vielen wirst du Pfützen von nicht definierbarer Substanz sehen.
Ich erklärte bereits, dass du auf die Ärmel achten musst. Vor dem Essen solltest du zudem ein Tuch oder ähnliches in den klemmen und als eine Art Schürze verwenden.
So behebst du typische Kimono-Probleme
Wenn du längere Zeit im Kimono läufst, wirst du zwangsläufig auf typische Probleme stoßen. Die meisten kannst du jedoch mit relativ wenig Aufwand selbst lösen.
Wenn du deinen Körper viel von einer Seite zur anderen oder deine Arme bewegst, wird sich der Kragen lockern. In diesem Fall hebst du den hinteren Saum des Kimono nach oben und ziehst das Untergewand - den weißen Kimono - an der Rückseite vorsichtig nach unten. Dadurch richtet sich der Kragen wieder.
Greif den Obi mit beiden Händen und zieh ihn wieder in seine ursprüngliche Position. Wenn er weiter rutscht, kannst du ein Handtuch in den hinteren Teil stecken, um ihn zu fixieren.
Solltest du eine Obiage tragen, solltest du sie korrigieren und festbinden, bevor du den Obi wieder zurechtziehst.
Wenn die Obiage nach oben rutscht und aus dem Obi herauskommt, passe sie an, indem du sie mit beiden Händen oben in den Obi steckst. Denke dabei nicht nur an den vorderen, sondern auch den hinteren Teil!
Die Obiage löst sich zudem nicht oft. Sollte es dennoch passieren, kannst du sie aber selbst neu binden.
Gerade, wenn du dich oft setzt, wirst du schnell Faltenbildung im Bereich der Taille bemerken. Klappe in diesem Fall die Stofffalte auf der Rückseite hoch und ziehe sie leicht über dne Taillengürtel. Das zieht den Stoff vom Gesäß hoch und beseitigt die Falten. Danach musst du den Kimono potentiell noch nach links und rechts glätten.
Wenn der Ohashori durch das Bewegen Falten bekommt oder sich verkürzt, solltest du deine Hand von der Vorderseite des Kimono unter den Obi stecken und den lockeren Teil zur linken Seite streichen. Den überschüssigen Stoff faltest du und schiebst ihn nach hinten.
Es kann passieren, dass der vordere Saum des Kimono fällt beziehungsweise länger wird, wenn sich das Taillenband lockert oder du größere Schrifft machst. Gerade beim Treppensteigen passiert das oft.
Stecke in diesem Fall deine Hand von der Vorderseite unter die Stofffalte und stacke den hängenden Saum in die Taillenschnur.
Das authentischste Kimono-Erlebnis!
Mit ein wenig Vorbereitung kannst du also sichergehen, dass dein Kimono-Erlebnis wirklich authentisch ist und du nicht in viele der typischen Fettnäpfe trittst. Wenn du noch mehr Tipps für deine Japanreise brauchst, kannst du einfach in meinen Reiseführer schauen!
Ich bin der Betreiber von Kawaraban und beschäftige mich seit 2007 mit Japan und seiner Sprache.
Ich habe einen Bachelor of Arts in Japanologie erworben und ein Austauschstudium an der Senshu-Universität absolviert.
Seit 2018 lebe ich in Japan und berichte über das Land und mein Leben hier.
Eines meiner Ziele ist es, zukünftigen Generationen bessere Erklärungen zur Sprache zu bieten, als ich sie zur Verfügung hatte.