Japanische Schule ohne Clubs und Schuluniformen

Japan zerstört gerade unsere Anime-Träume!

Gerade Anime verbreiten ein typisches Bild vom japanischen Schulleben. Dort heißt es allem voran: Schuluniformen und nach dem Unterricht gibt es Clubs, in denen die Schüler ihren Hobbies nachgehen. Und lange Zeit spiegelte das durchaus das Leben japanischer Schüler wieder. Aber die Zeiten ändern sich.

Denn derzeit geraten Schuluniformen immer weiter in die Kritik, während das Interesse der Schüler, an Clubaktivitäten teilzunehmen, zurückgeht. Das, vor allem aus Anime und Manga, aber auch anderen japanischen Serien bekannte Bild, könnte also schon in naher Zukunft der Vergangenheit angehören. Aber wieso?

Schuluniformen in einem Anime
Ein typisches Bild aus Anime und Manga: Japanische Schüler mit Uniform.

Der Weg der Schuluniformen

Immer mehr Kritik an Uniformen: Derzeit trifft die Uniformpflicht auf immer mehr Widerstand. Und das nicht nur bei den Schülern selbst, sondern auch bei Lehrern. Als Argumente werden unter anderem neben Fetischisierung auch der hohe Preis genannt. Denn ein gesamtes Set kostet schonmal um die 800 Euro. Allerdings gibt es nach wie vor auch Argumente für die Uniform. Etwa, dass Schüler aus Familien mit geringeren Einkommen nicht auffallen.

Uniform-Wahl statt Pflicht: Bei den aktuellen Diskussionen geht es jedoch nicht um die komplette Abschaffung der Uniformen. Viel mehr sollen die Schüler die Wahl bekommen, ob sie eine Uniform oder normale Sachen anziehen wollen. Es ist also gut möglich, dass in Zukunft immer mehr Schüler die Schule einfach wie auch in Deutschland in ihrer Alltagskleidung besuchen und die Assoziation japanischer Schulen mit Schuluniformen im Laufe der Zeit immer weiter verschwindet.

Noch sind Uniformen Alltag: Schuluniformen selbst sind an sich keine japanische Tradition. Sie wurden erst im 19. Jahrhundert auf Drängen der Schüler selbst eingeführt. Und wenn du heutzutage nach Japan kommst, dann wirst du auch aktuell noch überall Schüler in Uniformen sehen. Derzeit besteht die Uniformpflicht nämlich noch an den meisten Mittel- und Hochschulen.

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Wie steht es um das Clubleben?

Wie funktionieren Schulclubs in Japan? Bei Schulclubs sieht es ähnlich aus. Prinzipiell funktionieren die in Japan wie in Anime dargestellt. Jeder Schüler tritt einem der zahlreichen Clubs an der Schule bei und nimmt nach dem Ende des Unterrichts an deren Aktivitäten teil. Besonders enthusiastische Schüler können zudem auch neue Clubs gründen, wenn sie genug Mitglieder finden. Auch gibt es recht exotische Clubs wie etwa Okkult-Clubs, auch wenn die eher selten sind.

Ein teils ungeschriebener Zwang: Oftmals sehen sich die Schüler aber regelrecht dazu gewzungen, an Clubs teilzunehmen. So existiert an vielen Schulen eine Teilnehmepflicht. Aber selbst wenn es die nicht gibt, werden Schüler, die keinem Club beitreten, als Delinquenten angesehen.

Japanische Delinquenten mit Schuluniform
So stellt man sich japanische Delinquenten vor.

Schulclubs können kaum erhalten werden

Der Drang schwindet: Mittlerweile ändert sich das Bild aber und in einer Umfrage zwischen 2.690 Schülern im Alter zwischen 10 und 19 Jahren aus dem Jahr 2021 gaben die meisten an, dass sie am liebsten dem “Kitaku”-Club beitreten wollen. Das heißt so viel wie “Nach Hause geh”-Club. Der Grund für diese Situation ist, dass viele Schüler wirklich nur aus Zwang einem Club beitreten, ohne wirkliches Interesse daran. Es gibt gar Petitionen, sie abzuschaffen.

Immer weniger Mitglieder: Ein weiteres Problem ist aber nicht nur ein Wegfall des Interesses, sondern auch ein Wegfall an Schülern. Denn wegen Japans sinkender Geburtenrate gibt es immer weniger potenzielle Teilnehmer für die Clubs. Einige Schulen mussten bereits Clubs mit Nachbarschulen zusammenlegen, da es teilweise zu wenig Mitglieder gab. Andere können schon jetzt keine Nachschulaktivitäten mehr anbieten. Und gerade Corona sorgte für eine stark schwindende Anzahl an Mitgliedern von Sportclubs.

Zu viel Arbeit für Lehrer: Der Wegfall der Clubs dürfte sogar im Sinne mancher Lehrer sein, denn die müssen die Clubaktivitäten beaufsichtigen. Dadurch entsteht eine hohe Arbeitslast. Immerhin ist die Betreuung nicht nur nach dem Unterricht notwendig, sondern auch am Wochenende und während Turnieren und anderen Events.

Wie wird Japan in der Zukunft aussehen?

Japanischer Schüler in Alltagssachen
In Japans Schulen könnten bald Schüler mit Alltagskleidung den Unterricht besuchen.

Es wird viel diskutiert, wie sich die Schuluniformen und auch das Clubleben Japans weiterentwickeln können. Es gibt jedoch keine landesweiten Regeln. Änderungen beziehen sich bisher nur auf vereinzelte Schulen.

Freizeitclubs wie in Deutschland? Schulclubs könnten in Japan in Zukunft etwa ganz ähnlich funktionieren wie in Deutschland. Nämlich, indem die Schüler private Clubs in ihrer Gemeinde außerhalb der Schule beitreten. Erste Versuche sollen ab 2023 durchgeführt werden.

Änderungen bei den Uniformen: Bei den Uniformen werden bereits die verschiedensten neuen Regelungen an einzelnen Schulen getestet. An manchen sind Uniformen optional, andere setzen auf günstigere Uniformen von Uniqlo und an wieder anderen ist den Schülern unabhängig ihres Geschlechts freigestellt, ob sie Hosen oder einen Rock tragen wollen. Allerdings handelt es sich bei diesen Vorgehensweisen noch um Ausnahmefälle und keine Regeln, die Landesweit umgesetzt werden.

Anime werden nachziehen

Neue Anime für neue Generationen: Es ist aber klar zu sehen, dass sich der Schulalltag in Japan ändert. Und wenn du nach Japan kommst, wird sich dir womöglich nicht mehr das aus den bisherigen Anime und Manga bekannte Bild Japans bieten.

Allerdings gibt es auch in der der neuen Generation Otaku, die eines Tages aufwachsen und selbst Anime erschaffen werden. Spätestens dann, dürfte sich auch das neue Bild Japans in der Pop-Kultur etablieren. Bis dahin kannst du noch einmal nostalgisch die laut Japanern besten Anime ansehen, in denen auch in mehr als einem noch Schuluniformen zu sehen sind:

Profilbild von Mathias Dietrich

Ich bin der Betreiber von Kawaraban und beschäftige mich seit 2007 mit Japan und seiner Sprache.

Ich habe einen Bachelor of Arts in Japanologie erworben und ein Austauschstudium an der Senshu-Universität absolviert.

Seit 2018 lebe ich in Japan und berichte über das Land und mein Leben hier.

Eines meiner Ziele ist es, zukünftigen Generationen bessere Erklärungen zur Sprache zu bieten, als ich sie zur Verfügung hatte.

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