Viele Lehrer und Schüler wollen die Pflicht für Schuluniformen in Japan abschaffen.

Schuluniformen in Japan: Kleiderordnung trifft auf viel Widerstand

Schuluniformen sind in Japan seit dem 19. Jahrhundert in den meisten Mittel- und Oberschulen Pflicht. Doch diese Tradition könnte bald ihr Ende finden. Denn eine Petition, fordert jetzt, dass die Schüler ihre Kleidung für den Unterricht selbst wählen dürfen.

Das Unterfangen wurde von einem Lehrer in der Gifu-Präfektur ins Leben gerufen und findet durchaus Anklang. Die Aktion wird nicht nur von anderen Lehrern, sondern auch den Schülern selbst, Anwälten, lokalen Lehrstühlen und Aktivisten unterstützt und konnte so bereits um die 19.000 Unterschriften sammeln.

Der Ursprung der Schuluniform-Petition

Durch die Corona-Pandemie änderte sich der Ablauf an der Schule des Lehrers, der die Petition startete, ein wenig. Denn um die Sachen regelmäßig waschen zu können und somit vom Virus zu befreien, ist es den Schülern dort seit Juni 2020 freigestellt, ob sie ihre Uniform oder Alltagskleidung zum Unterricht tragen.

Etwa die Hälfte der Schüler machte von der Möglichkeit Gebrauch und kommt seitdem ohne Uniform in die Schule. Dadurch fiel dem Ersteller der Petition auf, dass sich deren Verhalten in keinster Weise änderte und es nicht zu neuen Problemen kam, wie Befürworter der Uniformen befürchten. Viel mehr beobachtete er sogar, dass die Schüler jetzt wesentlich entspannter sind.

Aufgrund dieser Beobachtung und der persönlichen Meinung des Lehrers, dass das Leben an japanischen Schulen viel zu strikt sei, startete er schließlich die Petition. Er nennt weiter eine Reihe von Gründen, die ihm zufolge gegen Uniformen sprechen:

  •  Uniformen sind sehr teuer. Ein gesamtes Set für Sommer-, Winter- und Sportkleidung soll bis zu 100.00 Yen (etwa 775 Euro) kosten.
  •  Sie sind gleichgültig gegenüber den Wünschen und Bedürfnissen transsexueller Personen.
  • Es gibt einen Schuluniformfetisch, der gerade weibliche Schüler zu Zielen sexueller Übergriffe machen kann.

Einige der Unterstützer äußern sich zudem noch mit Kommentaren und merken etwa an, dass es problematisch ist, dass Mädchen auch im Winter einen Rock tragen müssen und keine Hosen anziehen dürfen. Weiter unterdrücke es die persönliche Identität der Schüler und auch als peinlich empfundene Hautkrankheiten lassen sich kaum verbergen.

Vorteile von Uniformen

Komplett abschaffen will der Lehrer die Uniformen nicht. In seinen Augen ist es wichtig, den Schülern selbst die Wahl ihrer Kleidung zu lassen. Denn den Uniformen werden auch einige Vorteile zugesprochen. Dazu gehören:

  • Schüler aus Familien mit geringerem Einkommen fallen nicht auf.
  • Weniger Ablenkung für die Schüler.
  •  Das Gefühl von Zusammengehörigkeit.

Bevor die Schuluniformen im Japan des 19. Jahrhunderts offiziell Pflicht wurden, forderten manche Schüler gar deren Einführung und ergriffen die Initiative, indem sie damit begannen in einem Hakama, einer Art traditioneller Hose, zur Schule zu kommen.

Forderung an das Bildungsministerium

Die Petition verlangt deshalb, dass das japanische Bildungsministerium vier Punkte zum Betrieb der Schulen klarstellen soll:

  • Es soll geklärt werden, ob Schulen das Recht haben, Schüler dazu zu zwingen Kleidung zu tragen, die sie nicht mögen oder tragen können.
  • Eine landesweite Studie zu den Regeln und Nutzen der Kleiderordnung an Schulen soll durchgeführt werden.
  • Man soll festlegen, ob Schulen ein öffentliches Forum einrichten sollten, in dem Schüler und Eltern offen ihre Meinung zu den Regeln äußern und diese diskutieren können.
  •  Es wird eine Klarstellung gefordert, ob Schulen Regeln, die die geistige Gesundheit von Schülern beeinträchtigen, abschaffen sollen.

Inoffiziell wünscht sich der Ersteller zudem, dass das Ministerium eine Reihe von offiziellen Richtlinien für die Regeln an Schulen festlegt.

Die Petition wurde dem Bildungsministerium am 26. März 2021 mit 18.888 Unterschriften übergeben. Seitens der Unterstützer existiert dadurch die Hoffnung, dass es in naher Zukunft eine Reihe von Änderungen geben wird.

Schuluniformen aus dem Discount-Laden

Als Reaktion auf einige der häufig genannten Kritiken an den Schuluniformen, schlug die Omiya Kita Oberschule in Saitama in einer Elternsprechstunde vor, dass die Schüler ihre Uniform zukünftig aus dem Sortiment des Einzelhändlers Uniqlo zusammenstellen dürfen. Ein Twitterbeitrag zeigt den Unterschied. Die klassischen Uniformen sind links abgebildet, die Uniqlo-Version rechts.

https://twitter.com/Driving__force/status/1443852623304486914

Hoher Preis adé! Das würde vor allem den bisher sehr hohen Preis reduzieren. Statt bis zu 800 Euro, kostet ein Outfit dann nur noch etwa 10.000 Yen, also etwa 80 Euro. Auch die Reinigung ist wesentlich simpler. Denn während die normalen Uniformen stets in die Trockenreinigung müssen, lassen sich die Kleidungsstücke von Uniqlo einfach in der Maschine waschen. Außerdem würden die Schule einige individuelle Anpassungen im Bereich der Farben erlauben, auch wenn nicht alle zugelassen wären.

Reaktionen sind durchwachsen: Die Meinungen zu diesem Vorschlag fallen, gemessen an den Äußerungen japanischen Twitter-Nutzer durchaus gemischt aus. Zwar begrüßen viele den niedrigeren Preis, jedoch sehen einige auch neue Probleme aufkommen.

Kritik an der günstigen Uniform: Neben der Frage, wie lange die Kleidung hält, wird häufiger zudem die Frage der Herkunft und die Gründe für den geringen Preis bemängelt. Denn im Juli 2021 tauchten Anschuldigen auf, dass Uniqlo von der Ausbeutung der Uiguren profitiert.

Entscheidung liegt bei Eltern und Schülern: Die Schule selbst hat nicht vor, die neuen Uniformen zu erzwingen und überlässt die endgültige Entscheidung den Eltern und Schülern der Schule. Sollten diese zustimmen, werden die Uniformen aus dem Repertoire von Uniqlo ab April 2022 zur offiziellen Kleiderordnung der Omiya Kita Oberschule.

Profilbild von Mathias Dietrich

Ich bin der Betreiber von Kawaraban und beschäftige mich seit 2007 mit Japan und seiner Sprache.

Ich habe einen Bachelor of Arts in Japanologie erworben und ein Austauschstudium an der Senshu-Universität absolviert.

Seit 2018 lebe ich in Japan und berichte über das Land und mein Leben hier.

Eines meiner Ziele ist es, zukünftigen Generationen bessere Erklärungen zur Sprache zu bieten, als ich sie zur Verfügung hatte.

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