In Japan gibt es nicht nur kulturelle Besonderheiten, auch der Alltag unterscheidet sich etwas von dem in Deutschland. Manche Details mögen gar etwas abstrus wirken, doch ergeben nach genauerer Betrachtung durchaus Sinn. Ich erkläre dir, wieso in Japan selbst der Abfall abgewaschen wird und wie man sonst mit Müll umgeht.
Die spinnen die Japaner – oder doch nicht?
Bereits während meines Austauschstudiums mache ich die erste Bekanntschaft mit dem in Japan üblichen Abwaschen des Mülls. Die Resident Assistants im Wohnheim erklären uns dort die Alltagsregeln. Und dazu gehört eben auch, den Müll abzuwaschen.
Seinerzeit hielt ich das für eine sehr abstruse Regel, die ich mir einfach nicht erklären konnte. Auf den Gedanken, den Grund zu erfragen, komme ich seinerzeit allerdings auch nicht. Und an sich wird diese Regel doch von vielen Bewohnern des Wohnheims ignoriert. Erst Jahre später erfahre ich, was es mit dieser mysteriösen Eigenheit auf sich hat.
Vielbeinige Mitesser
Dass Sauberkeit in japanischen Haushalten eine wesentlich größere Rolle als in Deutschland spielt, ist nicht etwa der Kultur geschuldet – es ist eine Notwendigkeit. Bei der Hitze und der hohen Luftfeuchtigkeit fühlen sich Kakerlaken einfach sehr wohl. Entsprechend häufig wirst du ihnen im Sommer begegenen. Im Winter sind sie seltener.
Während du in Ländern wie Deutschland, Österreich und der Schweiz wohl nur in wirklich sehr dreckigen Haushalten Bekanntschaft mit diesen Gesellen machen wirst, gehören sie in Japan quasi zum Alltag. Im Regelfall werden sie nur den saubersten aller Haushalte fernbleiben. Und selbst dann nicht unter Garantie.
Kakerlakenfrei in Japan leben
Sauberer Haushalt als erste Verteidigung: Es ist nicht nur wichtig, dass du keinerlei Essen in der Wohnung stehen lässt, sondern eben auch Müll wie leere Trinkpäckchen, Margarinepackungen oder die Überreste von Fertiggerichten aus dem Konbini abwäschst. Denn sonst könnten die Kakerlaken Futter riechen.
Durchsuche deine Wäsche: Gerne versteckt sich die ein oder andere Kakerlake in deiner Wäsche, wenn du sie auf dem Balkon trocknest. Deshalb ist es wichtig, deine Wäsche vor dem reinholen durchzuschütteln und abzuklopfen.
Aktive Bekämpfung: Für den Notfall solltest du immer Kakerlakenspray im Haus haben. Das findest du in jedem Konbini und ist zudem äußerst effektiv. Die Insekten sterben meist nur wenige Sekunden, nachdem du sie damit eingesprüht hast. Doch Achtung: In ihren letzten Sekunden versuchen sie gerne sich im Dunkeln zu verstecken.
Mülltrennung im japanischen Alltag
Während du in Japan also stets sorgfältig mit deinem Müll umgehen solltest, ist die Mülltrennung ein etwas konfuses Thema. Sie existiert zwar und wird auch bei der Müllabholung umgesetzt, in der Stadt kannst du allerdings ein paar Paradoxen bemerken.
Jede Wohnung hat so einen Plan, der anzeigt, an welchen Tagen welcher Müll eingesammelt wird. Bis dahin musst du die Abfälle in der eigenen Wohnung lagern. Vergisst du, sie rechtzeitig rauszustellen, sitzt du bis zur nächsten Abhulung auf deinem Müll rum.
In der Stadt sieht das anders aus. Zum einen gibt es wegen eines Sarin-Anschlags im Jahr 1995 nur noch sehr wenige öffentliche Mülleimer. Die Abfalleimer, die noch in Supermärkten und Konbinis stehen, legen häufig nicht ganz so viel Wert auf korrekte Trennung.
Mein persönlicher Favorit ist dabei die vorgetäuschte Mülltrennung. So gibt es manchmal zwar seperate Einwurflöcher für brennbaren und nicht brennbaren Müll … der Müll landet allerdings dennoch im selben Beutel. Und ganz nach dem Motto “alles brennt, wenn es nur heiß genug erhitzt wird” wird auch Plastik als brennbarer Müll gezählt.
Das Leben in Japan ist ganz anders
Mehr über das Leben in Japan erfährst du in meinen weiteren Artikeln. So erkläre ich dir, wass es zum Beispiel mit der Tatemae auf sich hat und wie diese sich im Alltag äußert. Zudem geb ich dir einen Einblick dazu, wie Religion und Kultur miteinander verschmelzen.
Ich bin der Betreiber von Kawaraban und beschäftige mich seit 2007 mit Japan und seiner Sprache.
Ich habe einen Bachelor of Arts in Japanologie erworben und ein Austauschstudium an der Senshu-Universität absolviert.
Seit 2018 lebe ich in Japan und berichte über das Land und mein Leben hier.
Eines meiner Ziele ist es, zukünftigen Generationen bessere Erklärungen zur Sprache zu bieten, als ich sie zur Verfügung hatte.