In Japan läuft vieles anders als in denem Heimatland und dir werden sich komplett neue Perspektiven eröffnen. Denn was du für normal und selbstverständlich gehalten hast, wird im Ausland auf die Probe gestellt. Hier erfährst du, was sich durch ein Leben in Japan ändern wird.
1. Du findest Stäbchen besser als Messer und Gabel
Im Westen macht man sich gerne mal über das Essen mit Stäbchen lustig. Doch nachdem ich jetzt seit Jahren Stäbchen zum Essen nutze, kann ich es mir kaum noch anders vorstellen. Denn mit den simplen Werkzeugen kannst du nach ein wenig Übung viel besser essen als mit Messer und Gabel.
Während eines Kurzurlaubs in Deutschland merkte ich, dass sich das Essen mit Messer und Gabel für mich plötzlich sehr unnatürlich anfühlt und ich eigentlich Stäbchen präferieren würde. Denn letzten Endes ist die Nutzung dieser viel präziser als die des typisch westlichen Bestecke.
Fairerweise muss ich aber auch sagen, dass es in der Tat Gerichte gibt, die du auch in Japan nicht mit Stäbchen isst. Etwa Curry, für das man doch eher zum Löffel greift. Und auch bei italienischer Pasta gibt es eine Gabel dazu. Aber bei Tofu, Bohnen und ähnlichem? Stäbchen!
2. Du sprichst mit Fremden automatisch Japanisch
Deutsch verlerne ich in Japan dank des Internets nicht. Dennoch ändert sich mein Sprachgebrauch. Denn wenn ich hier in irgendeinen Laden gehe oder von jemanden etwas wissen will, dann spreche ich natürlich Japanisch.
Diese Angewohnheit kann ich mir auch beim Besuch der Heimat nicht abgewöhnen. Wenn ich dann auf die Post gehe, irgendwen etwas frage oder selbst jemandem antworten will, kommt immer erst einmal der Drang durch, direkt Japanisch zu sprechen. Nur um hinterher verwirrte Blicke zu ernten.
Genauso verhält es sich mit bestimmten Reflex-Antworten, wie zum Beispiel einem einfachen “Ja”. Dann kommt viel eher das japanische “Hai” über die Lippen. Und statt einem “Was?” fliegt als erstes immer ein “Nani?” raus.
3. Weniger Egoismus, mehr Effizienz!
In Deutschland wird geschubst und gedrängelt. Wenn etwa der Bus oder Zug hält, versucht sich jeder sofort reinzuschieben. Hauptsache man selbst ist drin! Mit entsprechend egoistischem Verhalten kommst du in Japan nicht weit!
Wenn der Zug ankommt, wartet hier jeder erst einmal, bis niemand mehr aussteigt. Erst danach geht es in den Zug. Das passiert dann auch schön geordnet, indem an der Haltestelle eine Schlange gebildet wird. Entsprechende Verhaltensweisen nimmst du nicht nur aus Gruppenzwang an, es ist vor allem viel effektiver sich ebenso zu verhalten.
Und das ist nur ein Beispiel. Allgemein achtest du in Japan viel stärker darauf, wie dein eigenes Verhalten deine Mitmenschen beeinflusst und versuchst entsprechend, niemandem zur Last zu fallen. Gerade als Ausländer ist das doppelt wichtig, da du sowieso bereits aus der Masse hervorstichst.
4. Du verstehst Minderheiten besser
Dass Rassismus ein Problem ist, muss man wohl kaum weiter ausführen. Doch während du in deinem eigenen Heimatland üblicherweise nicht direkt damit konfrontiert wirst und dich allenfalls darüber aufregst, wie voreingenommen manch eine Person einen Ausländer behandelt, gehörst du in Japan selber zur Minderheit.
Das bedeutet, dass du plötzlich am eigenen Leib zu spüren bekommst, wie es ist, “anders” zu sein. Und in Japan kommt man damit wahrscheinlich noch relativ gut weg, da viele Menschen hier sowieso sehr passiv agieren und es wohl nur in absoluten Ausnahmefällen zu offenen rassistischen Anfeindungen kommt.
Dennoch merkst du, wie sich ab und an Menschen im Zug von dir wegsetzen, du häufig Blicke auf dich ziehst und von manchen Personen sogar regelrecht schockiert angesehen wirst. Glücklicherweise ist es in Japan meist keine direkte Abneigung, die für dieses Verhalten sorgt.
Die Distanzierung kommt eher daher, dass viele Japaner beim Anblick eines Ausländers denken, dass er sie ansprechen wird und sie dann plötzlich Englisch sprechen müssen. Der Gebrauch der Sprache macht ihnen jedoch Angst. Und auch wenn man selber Ausländer ist, merkt man doch, dass man irgendwann selbst Ausländer anstarrt. Wer hier nicht asiatisch aussieht, sticht einfach aus der homogenen Gesellschaft der Japaner hervor.
Wie ich Rassismus im japanischen Alltag wahrnehme und erlebe, erfährst du in meinem Erfahrungsbericht:
5. Anime-Stimmen klingen plötzlich grässlich
Bevor ich das erste Mal nach Japan reiste, habe ich, wie so viele, Anime geschaut. Seinerzeit fiel mir nie auf, wie extrem unnatürlich viele der Stimmen klingen. Stets lobte ich, wie viel besser die japanische Synchronisation im Vergleich mit der englischen oder gar deutschen sei, und erklärte, dass das Kopieren der auf süß getrimmten japanischen Stimmen in anderen Sprachen nicht funktioniert.
Nach jahrelangen Japan-Aufenthalten hat sich am letzteren Punkt auch nichts geändert. An ersterem allerdings schon: Ich finde mittlerweile manche Original-Stimme aus Anime unerträglich. Denn sie sind überzogen und zu gestellt: Kaum jemand in Japan redet so.
Ich sage “kaum jemand” da einige Menschen hier in der Tat versuchen, diesen Stil zu kopieren, um damit “süß” zu klingen. In meinen Ohren verfehlen sie ihr Ziel jedoch meilenweit, denn es schmerzt mir im echten Leben genauso wie in Anime. Glücklicherweise sind entsprechende Personen die absolute Ausnahme.
6. Du nimmst ab
Japan ist unter anderem für seine Küche bekannt. Von Gerichten wie Sushi oder Ramen wird wohl jeder schon einmal gehört haben. Dazu kommen noch Spezialitäten wie etwa Okonomiyaki oder die traditionellen japanischen Süßigkeiten. Aber wenn du denkst, dass du deswegen zunehmen wirst, liegst du falsch.
Ein Japan-Urlaub ist besser als jede Diät. Denn auch wenn das Essen hier auf den ersten Blick nicht teurer ist, so sind die Portionen bei gleichem Preis wesentlich kleiner. Gleichzeitig stopft Reis auch ziemlich gut, wodurch du ganz automatisch wesentlich weniger essen wirst.
Das Resultat: In Japan wirst du ganz nebenbei einige Pfunde verlieren, ohne es wirklich zu merken.
7. Du lernst, dein Heimatland wertzuschätzen
Es wird wohl kaum jemanden geben, der mit seinem Heimatland rundum zufrieden ist. Die negativen Aspekte fallen einfach immer als erstes auf und die positiven bemerkst du erst dann, wenn sie anfangen, dir zu fehlen.
Wenn du dich länger in Japan aufhältst, wirst du jedoch langsam merken, was dir aus deiner Heimat fehlt und was dafür im fernen Osten nicht ganz so rund läuft. Zum Beispiel die große Zeitverschwendung durch die Tatemae, weil niemand etwas annähernd negatives sagen will. Im Westen ist man da meist direkter und weiß eher, was wirklich Sache ist.
Oder auch die fehlenden Variationen bei den Lebensmitteln. Gerade wer versucht umweltfreundlich zu leben, wird sich wohl nach den vegetarischen und veganen Angeboten aus der eigenen Heimat zurücksehen. Denn in Japan überhaupt irgendetwas ohne Fleisch zu finden, ist so gut wie unmöglich. Es gibt nur wenige Methoden, hier ein Gericht ohne tierische Zutaten zu finden.
Entsprechend wirst du dich manchmal über Japan beschweren und womöglich vergessen, was genau dir nun an Japan gefällt, bis du wieder in deine Heimat zurückkehrst. Etwa das wesentlich freundlichere Personal in den diversen Ämtern.
Japan wird dich fordern
Gerade wenn du nach Japan auswandern willst, wirst du richtig auf die Probe gestellt. Denn du musst zahlreiche Probleme überwinden und lernst, wie du dich durch einen gewaltigen Bürokratiedschungel hangelst. Ich erkläre dir in einem weiteren Artikel, mit welchen Problemen du als Auswanderer konfrontiert wirst.
Ich bin der Betreiber von Kawaraban und beschäftige mich seit 2007 mit Japan und seiner Sprache.
Ich habe einen Bachelor of Arts in Japanologie erworben und ein Austauschstudium an der Senshu-Universität absolviert.
Seit 2018 lebe ich in Japan und berichte über das Land und mein Leben hier.
Eines meiner Ziele ist es, zukünftigen Generationen bessere Erklärungen zur Sprache zu bieten, als ich sie zur Verfügung hatte.