Seit der Veröffentlichung des Gameplay-Trailers von Assassin’s Creed Shadows, das in Japan spielt, ist das Spiel in Japan selbst ein großes Thema. Anders als im Westen, wo viele ein Problem mit der Hauptfigur Yasuke haben, dreht sich die Diskussion in Japan um die Darstellung des Landes im Allgemeinen. Deshalb haben sich die Japaner an ihren Parlamentsabgeordneten gewandt, der sich nun nach der Haltung der Regierung zu diesem Thema erkundigt hat. Zum Thema Yasuke selbst meldeten sich hingegen zwei Historiker zu Wort und kommen zum selben Ergebnis. Wobei einer von ihnen auch Japaner ist.
Was ist das Problem mit Assassin’s Creed Shadows?
Während Ubisoft behauptet, Assassin’s Creed Shadows sei so authentisch wie möglich und man lerne etwas über die japanische Geschichte, sind die Japaner anderer Meinung. Sie haben in den bisherigen Trailern zahlreiche Fehler und eine stark verzerrte Darstellung ihres Landes ausgemacht. Etwa im folgenden Gameplay-Trailer:
Ein Youtuber namens キャベツの人 nimmt derzeit die Videos zum Spiel genauer unter die Lupe und veröffentlicht regelmäßig seine Erkenntnisse auf Japanisch:
Zu den Problemen, die er erkannte, gehören etwa:
- Torii am Eingang eines Dorfes: Eines der berühmten Tore, die den Übergang zwischen der weltlichen und der göttlichen Welt darstellen, befindet sich in Assassin’s Creed Shadows am Eingang eines Dorfes. Allerdings findet man sie immer nur am Eingang von Tempeln und Schreinen.
- Reisernte im Frühling: Die beliebte Kirschblüte ist in Japan seit Jahrhunderten das Zeichen für die Bauern, ihren Reis anzubauen. In Assassin’s Creed Shadows wird der Reis zu dieser Zeit geerntet.
- Quadratische Tatami-Matten: Im Trailer sind die Reisstrohmatten quadratisch. Normale Tatami-Matten sind rechteckig, aber niemals quadratisch.
- Weihrauch am Schrein: An einem Shinto-Schrein kann man Weihrauch erkennen. Er wird aber nur in buddhistischen Tempeln verwendet.
- Falsche Clan-Embleme: Manche Figuren tragen das Emblem eines völlig falschen Clans, in anderen Fällen wurden die Embleme spiegelverkehrt dargestellt. Dies betrifft nicht etwa kleinere Clans, sondern sogar den Oda-Clan.
- Verwendung der Flagge einer Reenactment-Gruppe: In Japan gibt es eine Gruppe, die die Schlacht von Sekigahara nachspielt. Ubisoft hat deren Flagge im Artwork des Spiels verwendet. Hier gibt es zwei Probleme: Zum einen gab es diese Gruppe in der Sengoku-Zeit, in der das Spiel spielt, natürlich noch nicht. Zum anderen wurde keine Genehmigung eingeholt.
- Keine japanische Landschaft: Die Landschaft im Spiel ist nicht rein japanisch, sondern eine Mischung aus Vietnam, China und Japan.
Diese Liste ist keineswegs vollständig. Auch wenn er es nicht mit absoluter Sicherheit beweisen kann, liegt die Vermutung nahe, dass Ubisoft für die Artworks auf KI zurückgegriffen hat. Denn genau solche Fehler sind von solchen Programmen zu erwarten.
Als Vergleich: Einige dieser Punkte mögen wie kleine Details wirken. Aber es ist in etwa damit vergleichbar, wenn Ubisoft sagen würde, sie machen ein Assassin’s Creed in Deutschland, woraufhin sie ein Bierfest zeigen, bei dem Wein getrunken und Baguette gegessen wird, während die Anwesenden einen Schottenrock tragen.
Was Ubisoft macht, lässt sich auch mit diesem älteren Meme zusammenfassen:
Jetzt erreicht das Problem Japans Regierung
Auch Satoshi Hamada, Mitglied des Oberhauses des japanischen Parlaments, wurde auf die Ausstellung aufmerksam und fasst die Situation in seinem Blog zusammen. Eine Anfrage bezieht sich auf die historische Genauigkeit des Buches “African Samurai: The True Story of Yasuke, a Legendary Black Warrior in Feudal Japan” von Thomas Lockley, auf dem Assassin’s Creed Shadows basiert. Wie der Titel schon sagt, dreht sich alles um Yasuke, der auch einer der beiden Protagonisten des Spiels ist. Die Frage ist dabei stets sein gesellschaftlicher Stand.
War Yasuke ein Samurai? Eine Frage ist natürlich, ob Yasuke wirklich ein Samurai war. Historische Quellen belegen dies, wie ein Nutzer des AskHistorians-Subreddits zusammenfasst. Um in diesem Forum posten zu können, muss man sich als Historiker ausweisen können, und Beiträge ohne Quellen werden nicht akzeptiert. Er erklärt, dass die damaligen Autoren immer von einem Stipendium sprechen, wenn es um Yasukes Gehalt geht. Sie verwenden dabei dasselbe Wort wie bei anderen Samurai.
Ich persönlich höre aber von Japanern, dass Yasuke nur für den Oda-Clan ein Samurai war, aber von den anderen Clans nicht als solcher anerkannt wurde. Andere behaupten, er sei nur ein militärisches Maskottchen gewesen. Allerdings habe ich bisher keine Quellen gesehen, die diese Behauptungen wirklich untermauern. Man sieht aber, dass diese Situation für die Japaner nicht eindeutig geklärt ist.
Hamada hat das Problem nun an die Regierung weitergeleitet. So wurden unter anderem das Außenministerium sowie das Ministerium für Bildung, Kultur, Sport, Wissenschaft und Technologie informiert. Er bittet sie um ihre Stellungnahme und wird wieder berichten, wenn er eine Antwort erhalten hat.
Die Antwort der Regierung: Die verschiedenen Ministerien antworteten jeweils etwas anders auf die Anfrage, die letztendliche Aussage von jedem war jedoch, dass es sie nichts angeht und sie sich nicht einmischen werden, da es sich bei dem Spiel um ein fiktives Werk handelt.
Was macht Ghost of Tsushima anders?
Der große Unterschied zwischen Assassin’s Creed und Ghost of Tsushima besteht nicht nur darin, dass Ghost of Tsushima die Landschaft, Architektur usw. viel realistischer darstellt, sondern auch darin, dass die Entwickler nicht behaupten, dass man durch das Spiel die japanische Geschichte lernt. Es wird deutlich gemacht, dass es sich um ein fiktives Spiel handelt. Denn auch den Ninja-Samurai Jin Sakai gab es in der japanischen Geschichte nicht – sehr wohl aber Samurai, die Ninja waren.
Was sagt ein japanischer Historiker?
Am 23. Juli meldete sich mit Hirayama Yuu / Masaru ein angesehener japanischer Historiker zu dem Thema auf Twitter zu Wort. Für ihn steht es komplett außer Frage: Yasuke war ein Samurai. In seinem Post erklärt er folgendes:
Es scheint, dass das Thema Yasuke, der schwarze Mann, der Oda Nobunaga diente, gerade im Gespräch ist. Obwohl die historischen Quellen über ihn ziemlich begrenzt sind, steht außer Zweifel, dass er den Status eines ‘Samurai’ im Dienste Nobunagas hatte. Unabhängig von seiner Herkunft konnte man in der mittelalterlichen (Sengoku) Gesellschaft zum Samurai ernannt werden, wenn der Herr einen dazu erhob.
Warum kann man das sagen? Weil in den historischen Quellen erwähnt wird, dass er 1) von Nobunaga ‘Fuchi’ (Unterhalt) erhielt, 2) ein Anwesen bekam und 3) ein Langschwert erhielt. Der Erhalt von ‘Fuchi’ und die Nähe zu Nobunaga erfüllen die wichtigen Voraussetzungen eines ‘Herr-Vasallen-Vertrags’ und des ‘Versprechens von Unterhalt’. Zudem ist es wichtig, dass ihm das Tragen eines Langschwertes erlaubt war, was bedeutet, dass er zwei Schwerter trug und kein Diener war (Dienern war das Tragen von Schwertern nicht erlaubt). Erst recht lässt die Verleihung eines Anwesens keinen Zweifel übrig.
Bis zu dem Punkt, an dem Nobunaga ihn von den Missionaren übernahm, war er wahrscheinlich ein Sklave, aber durch die oben genannten Punkte 1-3 wurde er auf Nobunagas Wunsch hin zum ‘Samurai’. Dass die Akechi-Partei ihn während des Honnō-ji-Zwischenfalls nicht tötete und ihn als ‘Tier’ oder ‘Nicht-Japaner’ bezeichnete, zeigt nur, dass Akechi Yasuke nicht als ‘Samurai’ anerkannte (wahrscheinlich aufgrund von Vorurteilen). Es war damals üblich, dass ein Herr jemanden niedriger Herkunft zum ‘Samurai’ erheben konnte. Schließlich haben wir dafür ein hervorragendes Beispiel in Hideyoshi, nicht wahr?
Experte mit langer Laufbahn: Dass er sich auf dem Gebiet auskennt, wird durch seine Laufbahn deutlich. Die lässt sich auf Wikipedia nachlesen:
Er wurde als Lehrer in der Präfektur Yamanashi eingestellt und arbeitete nacheinander am Zentrum für archäologische Kulturgüter der Präfektur Yamanashi, als Teilzeitlehrer an der Universität Yamanashi, in der Redaktion der Geschichte der Präfektur Yamanashi, in der Abteilung für akademische Kulturgüter der Bildungsbehörde der Präfektur Yamanashi, im Präfekturmuseum Yamanashi[2] und als Lehrer an der Präfektur Yamanashi Zentralen Oberschule.
Mitarbeit im Entertaiment-Bereich: Abseits dessen fungiert er ab und an auch als historischer Berater für japanische Dramen, die sich um diese Zeit drehen. Darunter Sanada Maru und Dousuru Ieyasu.
Damit ist er nach dem Historiker, der sich auf Reddit zu Wort meldete, bereits der zweite, der öffentlich erklärt, dass es für ihn keinerlei Zweifel an Yasukes Status gibt.
Wenn du auf der Suche nach Samurai-Spielen bist, lohnt sich ein Blick auf meine Liste, in der ich die besten Vertreter zusammengestellt habe. Nicht alle sind historisch korrekt, aber sie erheben auch nicht den Anspruch darauf.
Ich bin der Betreiber von Kawaraban und beschäftige mich seit 2007 mit Japan und seiner Sprache.
Ich habe einen Bachelor of Arts in Japanologie erworben und ein Austauschstudium an der Senshu-Universität absolviert.
Seit 2018 lebe ich in Japan und berichte über das Land und mein Leben hier.
Eines meiner Ziele ist es, zukünftigen Generationen bessere Erklärungen zur Sprache zu bieten, als ich sie zur Verfügung hatte.