In Japan ehrt man die Toten beim alljährlichen Obon-Fest, dessen Höhepunkt ein Tanz ist. Die genauen Daten unterscheiden sich je nach Gebiet und auch bei den Bräuchen kommt es zu Abweichungen. In Nagasaki ist das Fest besonders einzigartig. Denn hier veranstaltet man ein Feuerwerk, um der Verstorbenen zu gedenken.
Feuerwerk mit toten Verwandten
In Nagasaki, das auf Kyushu im südwestlichen Teil des Landes liegt, beginnt Obon am 15. August und dauert drei Tage. Dem Brauch zufolge kehren in dieser Zeit die Toten aus dem Jenseits zurück, um ihre Familien zu besuchen. Ganz besonders ist dabei der Bon-Odori genannte Tanz am letzten Tag, mit dem man die Toten wieder verabschiedet.
Silvester auf dem Friedhof: Während der Tanz landesweit stattfindet, werden die Verstorbenen nur in Nagasaki zusätzlich mit Feuerwerk wieder verabschiedet. Und im Gegensatz zu den meisten Feuerwerken in Japan, die professionell ausgerichtet werden, ist es in Nagasaki auch gang und gäbe, dass die Familien direkt auf dem Friedhof ihr eigenes, privates Feuerwerk zünden. Videos davon gibt es auf Youtube:
Sitzplatz und Tisch am Grab: Die Friedhöfe der Stadt sind entsprechend darauf eingestellt. Denn während es in Japan allgemein sehr schwer ist, einen Sitzplatz zu finden, sind Friedhöfe in Nagasaki oftmals nicht nur mit Steinhockern ausgestattet, sondern gar mit Tischen, um nebenbei noch etwas essen zu können.
Ebenfalls einzigartig für Nagasaki ist die Shoro Nagashi genannte Geisterboot-Prozession, mit der die im vergangenen Jahr Verstorbenen in die Nachwelt geschickt werden. Die läuft ebenso alles andere als düster ab, sondern wird ebenfalls mit Feuerwerk gefeiert.
Wieso ist Obon in Nagsaki so besonders?
Grund für diesen Brauch ist, dass Nagasaki, im Gegensatz zum Rest von Japan, in der Zeit des Tokugawa-Shogunats von 1639 bis 1854 nicht von der Außenwelt abgeschottet war. Stattdessen wurde der Handel mit dem Ausland hier toleriert, wodurch auch fremde Kulturen Einzug hielten.
Der Brauch, Feuerwerke auf Friedhöfen zu veranstalten, soll auf diese Art und Weise von China gekommen sein, wo das Obon-Fest selbst in Form des Zhongyuan Fest gar seinen Ursprung hat.[1]
Wie geht man in Japan mit dem Tod um?
Da das Christentum in Japan eine Minderheit ist, unterscheiden sich die religiösen Bräuche stark von denen im Westen. Dazu zählen natürlich auch jene, die mit dem Tod in Verbindung stehen.
Die Verstorbenen werden hier hauptsächlich mit buddhistischen Bräuchen verabschiedet, die sich jedoch, wie auch das Obon selbst, regional unterscheiden können. Doch auch der Shintoismus spielt eine Rolle. Mehr erfährst du in dem folgenden Artikel.
Quellen
[1] Chen, K (1968). Filial Piety in Chinese Buddhism. Harvard Journal of Asiatic Studies. S 88.
Ich bin der Betreiber von Kawaraban und beschäftige mich seit 2007 mit Japan und seiner Sprache.
Ich habe einen Bachelor of Arts in Japanologie erworben und ein Austauschstudium an der Senshu-Universität absolviert.
Seit 2018 lebe ich in Japan und berichte über das Land und mein Leben hier.
Eines meiner Ziele ist es, zukünftigen Generationen bessere Erklärungen zur Sprache zu bieten, als ich sie zur Verfügung hatte.